Luther und die Reformation: Erwägungen und Kritik im Spiegel aktueller Literatur

By Hein Retter | May 5, 2017

Summary (Hein Retter: Luther and the Reformation: Considerations and Critique as Reflected in the Current Literature): The literary production on Luther has been in full swing for more than a year – with impressive results. This contribution is looking at the current view of Martin Luther by historians, church historians and literary authors. The following themes are dealt with through examples from the literature: Luther’s roots in the Middle Ages – Outstanding achievements – Treasures of the Reformation in words and images – The special approach to Luther – Critique of Luther from a post-Christian perspective – Luther and the Catholics – The future of churches.
Keywords: Martin Luther, Reformation, sale of indulgences, economics, posting of Luther’s theses, anti-judaism

Резюме (Хейн Реттер: Лютер и Реформация: рассуждения и критика в зеркале актуальной литературе): литературное производство в отношении Лютера идет уже более года полным ходом и с внушительными результатами. Статья задает вопрос о сегодняшнем взгляде историков, историков церкви и писателей на Мартина Лютера. На основе литературных примеров рассматриваются следующие темы: Корни Лютера в Средневековье – Выдающиеся успехи – Богатства Реформации в словах и картинах – Особый подход к Лютеру – Критика Лютера с постхристианской точки зрения – Лютер и католики – Будущее церквей.
Ключевые слова: Мартин Лютер, Реформация, продажа индульгенций, экуменический союз, Тезисы Лютера, антииудазизм

Zusammenfassung: Die literarische Luther-Produktion läuft seit mehr als einem Jahr auf vollen Touren – mit beeindruckenden Ergebnissen. Der Beitrag fragt nach der heutigen Sicht von Historikern, Kirchenhistorikern und Schriftstellern auf Martin Luther. Folgende Themen werden anhand von Literaturbeispielen behandelt: Luthers Wurzeln im Mittelalter – Herausragende Leistungen – Schätze der Reformation in Wort und Bild – Der besondere Zugang zu Luther – Luther-Kritik aus nachchristlicher Sicht – Luther und die Katholiken – Die Zukunft der Kirchen.
Schlüsselbegriffe: Martin Luther, Reformation, Ablasshandel, Ökumene,Luthers Thesenanschlag, Antijudaismus


Luthers Wurzeln im Mittelalter

Es mag den Zeitumständen geschuldet sein, das den Münchener Pantheon Verlag bewog, das Buch des Kirchenhistorikers Heiko Oberman (1930-2001) mit dem Titel „Luther – Mensch zwischen Gott und Teufel“ auf der Basis der verbesserten Auflage von 1987 im Jahr 2016 neu aufzulegen, um auf den Zug der Luther-Produktion aufzuspringen. In den achtziger Jahren markierte Obermans Luther-Buch eine Trendwende der Forschung mit der These, Luthers Denken und Handeln sei nur zu verstehen, wenn man ihn von seinen Bindungen an das Mittelalter her interpretiert. Luthers 95 Thesen, so Oberman, beinhalteten nicht das Programm einer kirchlichen Erneuerung. Sie waren Abwehr jenes Neuen, das Luther ängstigte. Luther habe sich nicht als Künder der Moderne gesehen, sondern als jemanden, der von Gott immer wieder angetrieben wurde, die Menschen auf das baldige Ende der Welt vorzubereiten. Oberman, der 1966-84 in Tübingen lehrte und anschließend in die USA ging, verabschiedete sowohl das „nationale“ als auch das „moderne“ Bild von Luther; beide Perspektiven auf Luther vermittelte die Kirchenhistorik des 19. und 20. Jahrhunderts.

Wenn man im Lutherjahr 2016/17 nach einem Luther-Forscher Umschau hält, der den mittelalterlichen Luther und dessen mystische Wurzeln ins Blickfeld rückt, dann wird man an dem Tübinger Kirchenhistoriker Volker Leppin (*1966) nicht vorbei gehen. Er leistete für die Erforschung der vormodernen religiösen Wurzeln Luthers wichtige Beiträge. Leppins 2016 im Verlag C.H. Beck erschienenes Buch „Die fremde Reformation“ betont: Luther lebte im Bußverständnis des Spätmittelaltrers. Er war erfüllt von dem Gedanken, dass die Schuld des Menschen gegenüber Gott unendlich groß und nur die Gnade Gottes größer sei. Die Liebe Gottes rettete nicht nur vor der Verdammnis, sondern sie war für Luther auch das Medium, in welchem sich das Bußverständnis, das Verhalten gegenüber den Mitbrüdern und die mystische Vereinigung mit Gott vollzogen. Luthers erste Publikation behandelte die sieben Bußpsalmen, die er auslegte.

Nach Leppin (2016, S. 55ff.) bestand der theologische Aufruhr, den Luther 1517 mit seinen Thesen verursachte, in der Grundsätzlichkeit, mit der er ein völlig neues Bußverständnis forderte. Die (nach Reue und Beichte) zu leistende „Genugtuung“ durch ein gutes Werk darf nicht den Mittelpunkt bilden, da sie die Reue unerheblich macht. Im Glauben komme vielmehr alles an auf echte Reue und auf die Zuversicht, durch Gottes Gnade gerettet zu werden. Leppin bleibt dabei, dass es keinen Thesenanschlag Luthers an den Wittenberger Kirchen am 31. 10. 1517 gegeben habe, Luther vielmehr zu einem Meinungsaustausch einlud (ebenda, S. 66ff.).

Seit der katholische Kirchenhistoriker Iserloh 1961 die Ansicht vertreten hatte, ein Thesenanschlag habe nicht stattgefunden, wurde dieser Befund als historische Wahrheit lange Zeit nicht in Zweifel gezogen. Doch eine neue Befundlage führt heute Martin Treu mit der Mehrzahl der Lutherforscher zu der Auffassung: Auch wenn bis heute „kein Wittenberger Druck der Thesen bekannt geworden“ sei, und dies keineswegs überrasche: „Sicher ist jedenfalls, dass die Thesen am 31.Oktober 1517 in gedruckter Form vorgelegen haben müssen (Treu, in: Landesamt, 2016, Bd. II, S. 95, Spalte 1).

Leppins Band ist eines der wichtigsten Werke der gegenwärtigen Luther-Literatur, weil es dem Deutungsanspruch der Mehrzahl protestantischer Kirchenhistoriker widerspricht, der Wittenberger Reformator habe die Moderne vorgedacht. Leppin (2016, S. 204) vertritt die These, dass sich bei Luther „durch alle Transformationen hindurch“ die Mystik voll erhalten habe. Im weiteren Wandel der Anschauungen Luthers sei jedoch nur ihre domestizierte Form sichtbar.

Lyndal Roper (2016, S. 138), deren Buch im nächsten Kapitel vorgestellt wird, sieht das anders. Sie spricht davon, Luther bzw. das Luthertum habe sich in den zwanziger Jahren getrennt von der „meditativen Dimension, die einen so starken Anteil an der mittelalterlichen Frömmigkeit hatte“. Das habe bei Luther „zu einer mehr intellektuellen Beschäftigung mit der Bibel“, geführt – ausgerichtet „auf Taten, Auslegung der Schrift und Autorität“.

Luther und die Geschichte der Reformation – herausragende Leistungen

Wie immer man 2016/17 als Erinnerungsjahr an 500 Jahre Reformation in seinem Wert einschätzt: Das Ereignis hat in literarischer Hinsicht wissenschaftliche Spitzenleistungen hervorgebracht. Innerhalb weniger Monate des Jahres 2016 waren plötzlich dickleibige Werke zu Luther greifbar, die man sonst nur im Abstand von Jahrzehnten erwartet. Der umfangreiche wissenschaftliche Apparat mit Anmerkungen, Quellen- und Literaturverzeichnis in jedem dieser drei Bände verdeutlicht den betriebenen Forschungsaufwand, Namen- und Stichwortverzeichnisse erleichtern die Orientierung.

Im Detail über das Beste zu Luther aus der Feder führender Forscher izu berichten, ist hier nicht die Absicht. Man ist als Laie sowieso sprachlos angesichts der zum Ausdruck kommenden wissenschaftlichen Leistung. Die Werke verweisen auf eine hohe Sprachkultur ihrer Verfasser. Das gilt für die Monographien von Schilling, Roper und Kaufmann gleichermaßen.

Die 2012 in erster Auflage erschienene und 2016 aktualisierte Luther-Monographie von Heinz Schilling (*1942), dem emeritierten Professor für europäische Geschichte der frühen Neuzeit an der Berliner Humboldt-Universität, gehört, trotz der Flut neuester Arbeiten, zu den führenden Luther-Monographien. Es ist ein Genuß, sie zu lesen – geschrieben mit großer europäischer Perspektive, die zwar die historischen Voraussetzungen der Reformationszeit nicht vergisst, den Schwerpunkt der Interpretation aber auf die religiösen, politischen und gesellschaftlichen Folgen der Reformation legt. Luther wird hier sehr differenziert und abwägend dargestellt. Zwar ist naheliegend, von ihm aus die Spuren bis in die Gegenwart hinein zu verfolgen. Doch Schilling macht Luther nicht zum Wegweiser für Entwicklungen, deren Auswirkungen vielfach gegenläufig zu dem waren, was er wollte, was ihm sein Glauben sagte, was er aber selten zu überschauen vermochte. Es wäre töricht, Luthers Weigerung, auf dem Reichstag zu Worms seine Lehre zu widerrufen, als Eintreten für Glaubenstoleranz, für religiöse Gewissensfreiheit oder gar für Liberalität zu deuten. Und doch war es ein Zeichen der Zeit, das etwas Neues ankündigte. Nach den Ablassthesen von 1517 bildete „Worms“ den europaweit wahrgenommenen Ausgangspunkt für die religiösen und politischen Umbrüche, die Luther mit seiner Lehre bewirkte. Schilling steht für die gegenwärtig beste von einem deutschen Fachhistoriker verfasste Luther-Biographie.

Doch es gibt eben auch noch die Luther-Biographie von Lyndal Roper. Die 1956 in Melboune geborene australische Historikerin Roper studierte unter anderem bei Heiko Oberman in Tübingen, und sie forschte ein Jahrzehnt in den für die Lutherforschung relevanten Archiven. Sie lehrt heute an der Universität Oxford, hält allerdings auch Vorträge in Deutschland. Ropers jüngstes Luther-Buch ist auf einem kaum mehr zu steigernden Level hinsichtlich der Höhe der Forschungsqualität, der überragenden Kenntnis der politischen Entwicklungen der Zeit und vor allem der Kenntnis sämtlicher Fundstätten, in denen noch Dokumente aufspürbar sind über Luther wie über Zeitgenossen, mit denen er in Verbindung stand. Ropers Luther-Buch hat aber außerdem noch einige interpretatorische Glanzlichter, die dieses Werk über alle anderen hinaushebt. So beschreibt Roper erstmals ausführlich die sozialen Verhältnisse des Elternhauses und das Mansfelder Bergbau- und Hüttenwesen, in dem Luthers Vater ein wohlhabender Unternehmer war. Sie hat die Fähigkeit, die Charakterzüge der einzelnen Akteure, so weit sie historisch belegbar sind, mit wenigen Strichen deutlich zu machen. Roper geht es primär nicht um den Theologen, nicht um den Kirchenreformator, sondern um den Menschen Luther. Ihrer Leserschaft macht Roper klar, wie Luthers Theologie mit ihren Vorprägungen ab dem Spätherbst 1517 wirkte: Luthers Thesen setzen all jene unterdrückten Gefühle und religiösen Anschauungen explosionsartig frei, die die römische Kirche seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wie in einem unter Höchsdruck stehenden Dampfkessel gefangen hielt.

Roper (2016, S. 128ff.) zeigt, wie widersprüchlich die Äußerungen Luthers und der Zeitgenossen über Absicht und Wirkung der 95 Thesen waren. Interessant ist der Hinweis, dass sich bis heute zwei großflächige (dem DIN-A3-Format vergleichbare) Einzeldrucke erhalten haben, auf denen jeweils die Thesen in unterschiedlicher Weise samt einem dem Drucker unterlaufenen Nummerierungsfehler angeordnet sind. Es war völlig normal damals, dass Kirchentüren akademische Diskussionsorte wurden, indem durch Anschlag irgendwelche – selbstverständlich in Latein verfasste – akademische Thesen Universitätsmitgliedern und Gebildeten bekannt gegeben wurden, um eine Diskussion zu eröffnen. Roper spricht davon, es sei rätselhaft, dass sich Luthers Thesen so schnell verbreiten konnten, und sie zählt auf, soweit dies belegbar ist, welcher Gelehrte sie wann an wen weiter sandte. Sie korrigiert Luthers spätere Behauptung, dies sei innerhalb von 2 Wochen der Fall gewesen. Roper setzt dafür zwei Monate an. Jedem, der sie lesen konnte, war sofort klar, dass es hier nicht um eine der vielen trockenen scholastisch-spitzfindigen Behauptungen ging, sondern um einen auch emotional spürbaren Angriff, bezogen auf ein allseits bekanntes Problem. Aber der Stein, den Luther lostrat, traf ihn wohl selbst etwas zu stark, so dass er an seinen Nürnberger Freund Christoph Scheuerl schrieb, er habe die Thesen gar nicht veröffentlichen, allenfalls einem kleinen Kreis bekannt machen wollen (Roper, 2016, S. 129). Breite Bevölkerungskreise konnten Luthers Anliegen dann erst in seiner 1518 in Deutsch erschienenen Schrift, „Ein Sermon von Ablass und Gnade“, die vielmahls nachgedruckt wurde, persönlich nachlesen.

Luthers Thesen waren ein öffentlichkeitswirksames Ereignis, weil er den Ablasshandel kritisierte, drastisch argumentierte und einige Praktiken der Kirche, in These 26 auch die Schlüsselgewalt des Papstes in puncto Sündenvergebung in Frage stellte. Luthers Begründungen wurden allerdings gar nicht in tiefergehender Weise zur Kenntnis genommen. Wenn er etwa in der 3./4. These wie in der 94./95. These die innere Buße als Pein beschrieb, die dem bußfertigen Gläubigen fleischliche Marter und Selbsthass auferlege und ihn in Trübsal versetze. Luther betonte, dass selbst aufrichtige Reue nicht schon die Sicherheit des Friedens schenke. Letztere sei erst mit dem Eintritt in das Himmelreich gegeben. Vergegenwärtigt man sich der Sicht Luthers in ihrer ganzen Schroffheit, boten die Praxis kirchlicher Sündenvergebung und der Ablass vom Fegefeuer, an dessen Existenz Luther nicht zweifelte, den Erlösung Suchenden sehr viel größere Attraktivität als das, was der Reformator theologisch zu bieten hatte. Luthers Anthropologie war ein Zug zur Selbsterniedrigung eigen, auch wenn diese Sicht ab den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts eine weltliche Überformung erfuhr.

Roper beherrscht souverän die Fähigkeit, die Fülle des Brief- und Dokumentationsma­terials, aus dem sie zitiert, und die verschiedenen sozialen Netze, mit denen Luther kommunizierte, so auszubreiten, dass beim Leser nicht der Eindruck einer Überwucherung des Wesentlichen durch die Details aufkommt. Vielmehr bringt sie es fertig, all jenen, die meinen, „ihren“ Luther bereits zu kennen, zu einer spannenden Lektüre zu verhelfen, bei der man sich oft genug mit Erstaunen sagt: Das habe ich noch gar nicht gewusst. Am Ende aber überrascht in ihrem Urteil über Luther die Übereinstimmung mit ihrem akademischen Lehrer Oberman: „Luther war nicht modern“ (Roper, S. 536), er war kein Aufklärer, sondern „immer ein eigenbrötlerischer Denker“ der gegenüber der allwaltenden Vernunft zutiefst misstrauisch blieb. Doch er war Gott zutiefst zugewandt.

Aus kirchenhistorischer Perspektive beeindruckt Thomas Kaufmanns „Geschichte der Reformation in Deutschland.“ Das Werk des Göttinger Kirchenhistorikers (*1962) ist eine bewunderungswürdige Leistung. Man freut sich einfach, dass es ein solches Werk gibt. In ihm bildet Luther zwischen der Vor- und Nachgeschichte der Reformation selbstverständlich den Mittelpunkt. Für Kaufmanns Interpretationsrichtung sei ein Beispiel gegeben. Die volkstümliche Darstellung, wie Luther im sogenannten „Turmerlebnis“ zu seiner reformatorischen Einsicht kam, füllte die Lutherbiographien wie den evangelischen Religions- und Konfirmandenunterricht von Generationen. Heute kann man dies online nachlesen (https://martinlutherunddiereformation.jimdo.com/das-turmerlebnis; Abruf: 30.3.17). Dass Luther eine Art paulinisches Damaskus-Erlebnis gehabt habe, das ihm den Grundgedanken des evangelischen Glauens offenbarte, wie er es selbst in einem kurzen Rückblick auf sein Leben 1545 beschrieb, beschäftigte alle Luther-Biographen. Der Forschern ging es darum, Zeitpunkt und Umstände einer von Luther als Erlösung beschriebenen Antwort auf die Frage zu klären, die ihn in seinem Leben als Augustinermönch ständig quälte: Wie kann ich verlorener Sünder vor der Majestät Gottes und dem Gericht bestehen? Wie kann ich gerecht sein vor Gott, wie kann ich Gnade vor seinem Zorn finden? Die Antwort, die sein Leben veränderte, lautet bekanntlich: Gott hat mir diese Gnade bereits geschenkt – im Glauben an den Erlöser Christus Jesus.

Auch wenn die jüngere kritische Forschung in Bezug auf Luthers Wende-Erlebnis kaum Hinweise auf ihr objektives Zutreffen erbrachte, will Kaufmann die Selbstdarstellung Luthers nicht in Frage stellen. Als subjektive Äußerung hat sie einen Geltungsanspruch. Das eigentliche Problem, das interpretatorisches Neuland bietet, liegt woanders. Der Streit von Luther-Exegeten ganzer Epochen ging um die Frage, ob diese Entdeckung relativ früh auftrat oder eher in die Nähe des Oktobers 1517 zu datieren sei. Dann wiederum erhielt die Einsicht Gewicht, dass nicht eine einmalige Glaubenserfahrung, im Sinne von „reformatorischer Wende“, sondern eher eine Folge von schubartig auftretenden Einsichten den Urquell der lutherisch reformierten Theologie bildete.

Kaufmann (2016, S. 149f.) geht mit der Mehrzahl der Kirchenhistoriker davon aus, dass die öffentliche kirchenkritische Wirksamkeit Luthers mit Verschickung bzw. Verbreitung der Ablassthesen Ende 1517 begann. Sie hat als Ausgangspunkt der Reformation zu gelten. Nicht ein persönliches Erlebnis, sondern eine öffentlichkeitswirksame Handlung (die Verschickung und das Öffentlichmachen der Ablassthesen) bildete den Auftakt. Kaufmann distanziert sich von der Vorstellung, dass Luther zuvor von eine Reihe eruptiv auftretender Offenbarungen heimgesucht wurde. Vielmehr sei von einem Geflecht von Einflüssen auszugehen, welches die neue Einsicht in Predigten und Vorlesungen festigte, insbesondere durch Luthers Paulus- und Augustinus-Studien. Nicht dank himmlischer Eingebung, sondern auf der Basis rational nachvollziehbarer Auslegung sei Luthers Theologie entstanden.

Der Deutungsansatz Kaufmanns ist so naheliegend wie überzeugend. Man muss allerdings sehen, dass die rationale Bearbeitung der psychischen Heimsuchung durch das professionelle Alltagsgeschäft nicht verhinderte, dass Luthers Selbsthass, das Gefühl seiner eigenen Sündhaftigkeit (unter selbst zugefügter körperlicher Pein!) und seine frei flottierende Höllenangst rational ungebremst in mehrere der 95 Thesen eingingen (wie oben angedeutet wurde). Kaufmanns Deutung steht jedoch in Koinzidenz mit dem Faktum, dass die evangelisch-lutherische Kirche die “Höllenfahrt Christi“ (descensus ad inferos, in der lateinischen Form des apostolischen Glaubensbekenntnisses ) zurückgernommen hat, indem die Gläubigen heute – im interkonfessionellen Einklang – „herabgestiegen in das Reich der Toten“ beten. Hier tut sich eine Differenz des Jenseitsverständnisses auf zu Luther, die, denke ich, deutlich zu machen mit in den Aufgabenbereich der Kirchenhistoriker fällt, jedoch auch grundsätzlichen Klärungsbedarf erfordert.

Es dient der Überschaubarkeit der Faktenfülle, dass Kaufmann die zahllosen theologischen Streitigkeiten im Luthertum vor und nach Luthers Tod 1546 und Melanchthons Tod 1560 nicht alle zur Sprache bringt, sondern sein Buch zur Geschichte der Reformation eher den Charakter eines Kompendiums besitzt. Das 17. und 18. Jahrhundert ist nur durch Zusammenfassungen präsent – eine nachvollziehbare Entscheidung des Autors, weil der Band, der eine breitere Leserschaft zu erreichen in der Lage ist, sonst überladen wäre. Die relativ kleine Schriftgröße, die der Surhkamp Verlag wählen musste, um den Band noch handlich zu halten, deutet die Kompromisse an, die zur Bändigung des Textes eingegangen wurden.

Um so wichtiger werden für Kaufmann im Schlusskapitel seiner Reformationsgeschichte Theologen und ihnen nahestehende Geisteswissenschaftler ab dem Ende des 19. Jahrhunderts, die die Modernisierungsdebatten im deutschen Protestantismus bestimmen, wie etwa Ernst Troeltsch. Der sich allmählich verändernde Umgang katholischer Kirchenhistoriker mit Luther, den Kaufmann analysiert, ist bemerkenswert. Ebenso wertvoll ist der Blick auf die Situation der Reformationsforschung nach dem Zweiten Weltkrieg, deren Spektrum heute sehr viel stärker die einzelnen Richtungen der Reformationsbewegungen erfasst. Ein Epilog, der den Ertrag des Buches in die kritische Reflexion des Jubiläumsjahr 2017 einfließen lässt, rundet Kaufmanns beeindruckende Darstellung ab. (Ein drucktechnisches Versehen des Verlages dehnt im Anhang die Seitenüberschrift „Personen“ auch auf Orts- und Sachverzeichnis aus.)

Wie das Impressum ausweist, ist das 2016 bei Suhrkamp verlegte Buch Kaufmanns, „Geschichte der Reformation in Deutschland“, die durchgesehene, durch einen Epilog ergänzte Neuausgabe des bereits 2009 im „Verlag der Weltreligionen“ erschienenen Buches. Kaufmann publizierte darüber hinaus nach 2009 nicht nur weitere Arbeiten wie seine Abhandlung über „Luthers Juden“, sondern unter dem Titel „Erlöste und Verdammte“ (Kaufmann, 2017) eine über 500 Seiten umfassende „Geschichte der Reformation“; die Bezeichnung ist hier Untertitel! Es handelt sich dabei keineswegs um die Suhrkamp-Ausgabe in verkleinertem Maßstab, wie man im ersten Moment meinen könnte. Denn wenn man den von C.H. Beck publizierten Band aufschlägt, das Inhaltsverzeichnis studiert und sich einliest, ist sofort klar. Dies ist ein anderes Werk, und es besitzt einen anderen Schwerpunkt der Darstellung – selbst wenn gewisse inhaltliche Überschneidungen unvermeidlich sind, wie zum Beispiel Geschichte und Funktion des Ablasses, die im neuen Werk (Kaufmann, 2017, S. 69ff.) in kaum zu übertreffender Klarheit und Kürze dargestellt sind. Während Kaufmann (2016, S. 31) in der bei Suhrkamp erschienenen Reformationsgeschichte sein „Interesse an geschichtlichen Akteuren, Individuen, kleineren und größeren Gruppen und politischen Ordnungsmächten“ erwähnt, die den Eindruck einer „eigenwillig anmutende(n) Gewichtung“ wecken können, steht im Band „Erlöste und Verdammte“ die Makroperspektive im Vordergrund: Reformation wird enerseits als europäisches Ereignis gesehen, andererseits kommen die verschiedenen Strömungen des Protestantismus außerhalb Deutschlands zu Wort, während die Rezeptionsgeschichte Luthers und der Reformation beide Bände behandeln.

Kaufmann hätte stärker herausarbeiten können, wie Erlöste und Verdammte theologisch von Luther bestimmt wurden. Unter Forschern ist strittig, wie stark in Luthers Theologie die Prädestinationslehre eine Rolle spielt (die Erlöste und Verdammte als vom Willen Gottes von Anfang an als vorherbestimmt annimmt). Kaufmann geht darauf nicht weiter ein. Der Erwählungsgedanke spielt im Alten Testament, bei Paulus und bei Augustin eine große Rolle. Dass die bei Luther durchaus nachweisbare Prädestinationsidee nicht zu den detailreichsten Kapiteln in der evangelischen Kirchenhistorik gehört, verwundert nicht. Wird doch die menschlicher Unsicherheit korrespondierende Idee göttlicher Vorbestimmung in erster Linie als Herzstück des Calvinismus betrachtet und damit zum Abgrenzungskriterium gegenüber Luthers Lehre. Der Buchtitel „Erlöste und Verdammte“ verweist auf die jenseitsgerichtete Frömmigkeits- und Bußkultur des Mittelalters. Er erinnert an Obermans Buch „Mensch zwischen Gott und Teufel“. Obwohl das Fortwirken von Kontinuitäten nicht bestritten wird, will Kaufmann den Bruch aufzeigen, den Luthers „bürgerliche“ Neuordnung des Kirchenwesens in Kursachsen mit dem mittelalterlichen Kirchenverständnis darstellte.

Schätze der Reformation in Wort und Bild

Wenn es darum geht, jenes Werk aus der aktuellen Luther-Literatur auszuwählen, das in ganz besonderer Weise verdient, als einzigartig hervorgehoben zu werden, kommen die beiden großformatigen, auf Hochglanzpapier gedruckten, mit vielen farbigen Gemäldedrucken, Fotos und Graphiken versehenen Bände in den Blick: „Martin Luther. Schätze der Reformation – Katalog“ und „Martin Luther. Aufbruch in eine neue Welt – Essays“. Das Doppelwerk bietet eine einzigartige Zusammenschau des Wirkens Luthers in seiner Zeit und der Wirkungen die er und die Reformation auf seine Zeit ausübten. Auch ein Stück Kulturgeschichte, das Anfänge und Höhepunkte der Reformation in Wort, Bild und Text in Zeitzeugnissen sichtbar macht.

Konzipiert wurde das großformatige Werk aus Anlass von Luther-Ausstellungen in den USA. Es besteht aus dem Katalogband (504 Seiten) sowie einem bilderreich ausgestattetem Begleitband (496 Seiten) mit 50 Essays führender Forscher zu einer Palette von sozial-, kultur- und kunsthistorischen Themen, die die Reformationszeit erschließen. Das Werk erscheint in einer englischsprachigen Ausgabe für drei Ausstellungen, die von Oktober 2016 bis Januar 2017 an drei Standorten in den USA stattfanden (Institute of Art, Mineapolis; The Morgan Library & Museum, New York; Pitts Theology Library , Emory University, Atlanta). Deshalb existiert sowohl eine englischsprachige als auch eine für den deutschen Markt vorgesehene deutschsprachige Ausgabe. Diese wurde für die vorliegende Rezension zu Grunde gelegt. Mit Schuber wiegt das doppelbändige Werk 5,7 kg (Küchenwaage, eigene Messung).

Der Dresdener Sandstein Verlag, bekannt für seine historischen und kunsthistorischen Editionen, hat sich mit der Herausgabe dieses Werkes ein besonderes Verdienst erworben. An dem Projekt, dessen Federführung beim Landesamt für Denkmalspflege und Archäologie Sachsen-Anhalt lag, hat eine Vielzahl von Forschern und Experten mitgewirkt. Außer Kirchen- und Allgemeinhistorikern kommen zum Beispiel Kultur- und Kunsthistoriker, Wirtschaftshistoriker und Archäologen zu Wort. Der Band ist unbedingt empfehlenswert für alle dem Thema Reformation und Reformationskunst verbundenen Interessenten.

Der besondere Zugang zu Luther

Es gibt Bücher über Luther und sein Umfeld, die einen besonderen Zugang zum Reformator signalisieren – sei es, dass das Besondere durch bestimmte biographische Merkmale des Autors oder der Autorin gegeben ist , sei es, dass die Leserschaft auf Grund besonderer inhaltlicher Aspekte des betreffenden Buches einen besonderen Zugang zu Luther nachvollziehen kann.

Letzteres gilt für den Schriftsller Bruno Preisendörfer (*1957), dessen „Reise in die Lutherzeit“ von der Leserschaft so gut aufgenommen wurde, dass das 2016 erschienene Werk Anfang 2017 bereits die 8. Auflage erreicht hat. Das hat vermutlich seinen Grund in einer besonderen Gabe des Autors, gut erzählen zu können. Zwischen Dichtung und Wahrheit befindliche Mythen über Luther existieren genug. Doch mit ihnen hat sein Buch nur randständig zu tun. Weder Luther noch seine Theologie stehen im Mittelpunkt des Interesses. Der besondere Zugang zu Luther besteht in einer Zeitreise, zu der der Autor einlädt. Er führt in den Alltag, die Vorstellungen und die Gesellschaft jener Zeit ein, in welcher Luther lebte. Aber auch Luther selbst kommt in den Blick, wenn auch weniger die Theologie, wie das, was sie förderte, wie etwa Luthers Lieblingsessen.

Das Buch ist ein Sachbuch im besten Sinn, das gleichwohl nicht darauf verzichtet, unterhaltsam zu sein. Es richtet sich an eine breitere Leserschaft. Liebevoll sind im Anhang verschiedene Verzeichnisse zusammengestellt: Ein „Schimpfwort-ABC“ mit den ärgsten Schimpfwörtern der Zeit, jeweils auf einzelne Adressaten und –gruppen bezogen, ein „Kleines Latinum für Zeitreisende“, „Gruppenbilder“ (Kurzinformationen) zu wichtigen Zeitfiguren – es sind Päpste, Humanisten, Herrscher, Komponisten, Damen, Drucker; ein Personen-Index mit Kurzviten, eine Zusammenstellung der wichtigsten Nachschlagewerke, Quellensammlungen, Grundlagenwerke. Der Autor gliedert sein Werk in 13 Abschnitte, in denen Luther und die für sein Wirken wichtigen Ereignisse eingebunden werden. Die Kapitel betreffen: Weltlage und deutsche Beschwernisse – Die Herren des Reichs – Geldleute – Auf der Burg und in der Stadt – Vom Handwerk – Unter Bauern – Himmel, Hölle, Alltag – Häuslichkeit – Ernährung – Kleidung – Frauen, Männer, Kinder – Leiblichkeit – Alter, Tod und Auferstehung.

Man muss nicht von vorn lesen, das Interesse wird an jeder Stelle, an der man den Band aufschlägt, wach gehalten. Dies geschieht meist in flottem Erzählton, ist dabei weder verletzend noch oberflächlich. sondern eher mit einem leichten Lächeln versehen, mit dem man lesend manchmal selbst zum Lächeln gebracht wird, zum Innehalten oder zum Staunen. Wenn es aber besonders grausam zugeht, wird unsere Distanz nicht durch Bewertungen des Autors, sondern durch Bild- und Textdokumentation der Sache selbst erzeugt, so etwa die Hinrichtung der Prista Frübottin 1540 in Wittenberg als Hexe, wie sie ein Cranach-Bildnis mit Erläuterungen wiedergibt. Preisendörfer verhehlt nicht, dass auf protestantischem Gebiet, sei es lutherisch oder calvinisch, nicht weniger grausame Hexenjagden stattfanden als auf katholischem Territorium. Oder nehmen wir die Sache mit der Reliquienverehrung, die, einbezogen in den Handel mit Ablässen, eine wichtige Einnahmequelle war. Preisendörfer (ebenda, S. 234f.) beschreibt Friedrich den Weisen und Luthers Bischof, Kardinal Albrecht von Brandenburg, als konkurrierende Reliquienjäger, doch einig im Glauben an ihre doppelte Wirkung: Neben der Heilswirkung, die das Fegefeuer verkürzte oder auch von Krankheit befreite, befriedigten die kostbaren Objekte die leeren Kassen – abgesehen davon, dass sie fürstlicher Reputation dienlich waren.

1520, im Jahr der großen Reformationsschriften Luthers, hatte nach Spalatins Berechnung die Heiltumsweisung der Reliquien des Kurfürsten immerhin einen Ablass von fast 2 Millionen Jahren Fegefeuerqualen erbracht. Natürlich war die Zurschaustellung der Reliquien eine so große Gnade, dass sie den Scharen angereister Pilger nicht umsonst angeboten wurde, sondern höherwertig: Ihre wunderwirkende Besichtigung, die Heilung im diesseitigen und Ablass im jenseitigen Leben versprach, erforderte eine finanzielle Gegenleistung der Gläubigen. Man gibt ja gern, sofern man hat.

In den Jahren zuvor war es Friedrich III. gelungen, wie Preisendörfer berichtet, beim Papst den „Gnadenwert“ pro Reliquie auf 100 Jahre zu erhöhen. Der Autor vergisst weder die satirische Kritik von Erasmus an den vielen zu Reliquien erklärten Splittern von Jesu Dornenkrone und seinem Kreuz (das Ausmaß abgeholzter Wälder im Süden Europas ist uns heute ja bekannt), er erwähnt ebenso die gesammelten Milchtropfen aus den Brüsten Marias , die, auf Flaschen gezogen, Calvin veranlassten, der Mutter Gottes die Funktion einer Art Überkuh im Katholizismus zuzuweisen (ebenda, S. 237). Er bringt Beispiele dafür, wie die Volksfrömmigkeit immer auch mit Witz und Bauernschläue verbunden wurde, wenn irgendwo irgendetwas als Wunder ausgegeben werden konnte und dann auch etwas einbrachte. Preisendörfer (2017, S. 235, Fußn.) schlägt den Bogen zur Gegenwart, indem er darauf verweist, dass das Aufstoßen der beiden Flügel des Petersdoms im Heiligen Jahr 2015/2016 für den Pilger bei seinem Durchschreiten mit einem Ablass verbunden ist – vermutlich umsonst, aber Spendenbereitschaft wurde noch nie behindert.

Die Ablasslehre ist päpstlich bestätigte Wahrheit bis heute. Vermutlich denkt der Theologe Eugen Drewerman (*1940) darüber anders. Der ehemalige Priester hatte lange vor der durch seinen Bischof verfügten Entbindung von seinem Amt eine Ausbildung in Neopsychoanalyse absolviert. Drewermann geriet in die Rolle eines Kritikers der römisch-katholischen Kirche und vollzog 2005 den Austritt (wie ein Wikipedia-Eintrag über ihn informiert). Christentum und Bibel werden nicht kirchlich-dogmatisch gelehrt – daran übt Drewermann Kritik –, sondern in den Dienst therapeutischer Angstbewältigung gestellt. Dazu bietet der Protestantismus etwas bessere Chancen als der Katholizismus. In Drewermanns Sicht der Religion enthüllt sich ein Grundelement von Pragmatismus: Es geht darum, das Gute zu nutzen soweit möglich und das Schlechte zu vermeiden. Mit letzterem ist gemeint, die Unterwerfung des Menschen unter kirchliche Herrschaft, die negative Sicht des Menschen als sündhaftem, durch und durch bösem Wesen – kirchlich gesehen. Einerseits wird dieses Wesen auf Grund seiner Sündhafttigkeit für unwürdig erachtet, überhaupt auf Erlösung hoffen zu dürfen, andererseits bedarf es dringend des Glaubens an Erlösung. Zu diesem Glauben zu verhelfen verspricht die Kirche mit ihren Gnadenmitteln, sofern vom Gläubigen die eigene Erlösungsbedürftigkeit voll begriffen wurde. Diese Sicht, die das negative Selbstbild des jungen Luther prägte, gilt es, folgt man Drewermann, zu transformieren in einen therapeutischen, von Angst und Selbsthass befreienden Prozess.

Durch viele Schriften und Vorträge ist Drewermann bis heute auch außerhald des deutschsprachigen Raumes ein Publikumsmagnet geblieben. Wer sich die Mühe macht und die Autoren der hier besprochenen Bücher einem Google-Test unterzieht, um zu erkunden, wieviel Mal die Suchmaschine den jeweiligen Autor im Internet ausweist, wird feststellen: Eugen Drewermann ist Google-König, mit großem Abstand vor den anderen!

Drewermanns Kirchenkriktik heute ist von der Kritik Luthers vor 500 Jahren nicht so weit entfernt. So wird man Drewermanns Buch, „Luther wollte mehr“, das – im Gespräch mit dem Journalisten Jürgen Hoeren – als Ergebnis eines umfassenden Interviews beim Verlag Herder erschienen ist, mit einiger Neugierde zur Hand nehmen. Der subjektive Ersteindruck ist erwartungsgemäß. Drewermann, der Theologe, Philosoph und Psychoanalytiker kennt sich bestens aus in der Materie – zum Beispiel in der Bibel, zum Beispiel beim Begriff der Gnade als „bedingungslosem Angenommensein“. Nur: Er redet manchmal zu viel. Das, was hier auf 320 Seiten gesagt wird über Luther, könnte substanziell wohl auch in einem Werk geringeren Umfangs Platz finden. Doch man bemerkt auch, warum der Text etwas länger ausfällt: Drewermann stellt nicht Luther entsprechend einer bestimmten Quellenlage dar, sondern entsprechend seinem Weltbild. Er verbindet Theologie mit psychoanalytischer Therapie. Das macht die Deutung komplexer und ist nicht nur für den Drewermann-Fan interessant. Ist man doch manchmal geneigt, Drewermann zu widersprechen.

An anderen Stelle wiederum hat man als Leser des Textes das Gefühl, dass das psychoanalytische Deutungsmuster mehr verstellt als freilegt – oder zu einfach gestrickt ist. Der Apostel Paulus suchte vergeblich mit seiner Heidenmission normale Römer und Griechen davon zu überzeugen, dass sie erlösungsbedürftig seien, als er ihnen in seiner Missionspredigt verkündete: Ein Jude, der in Palästina von den Römern gekreuzigt worden war, sei nicht nur jüdischer Messias, sondern Welterlöser, dem sich alle durch Taufe auf seinen Namen zu unterwerfen haben angesichts des bevorstehenden Weltendes. Paulus fand als Diasporajude mit seiner neuen, dem apokalyptischen Judentum entsprungenen Narration nur dort Gehör, wo sich Menschen für das Judentum interessierten: bei den Griechen Athens scheiterte er bekanntlich!

Die Parallele wird deutlich: Der theologisch geschulte Therapeut Drewermann verkündet, so hat man den Eindruck, jeder Mensch sei therapiebedürftig. Anstelle der Sündhaftigkeit setzt Drewermann die Angst des Menschen als Normalität. Dass Angstbewältigung ein wichtiges Thema individueller Entwicklung darstellt, wird niemand bestreiten. Widerspruch auslösen muss der Gedanke, dass die Normalität durch einen therapiebedürftigen Angstzustand definiert werden muss, etwa so, wie die Kirche das Sündigsein als menschliche Grundbefindlichkeit lehrt. Dagegen spricht: Frühkindliche neurotische Prägungen treten nicht immer auf. Denn die durch Bindung und Identifikation als Vertrauensbereitschaft erworbene Verhaltenssicherheit bei hoher Selbstwertschätzung ist durch normales Bindungsverhalten in liebevoller Zuwendung der Eltern erreichbar. Sie ermöglicht, Strategien der Konfliktbewältigung zu entwickeln. Angst und Meidungsverhalten bleiben in Extremsituationen der Bedrohung wichtige Schutzmechanismen.

Kein Lutherbiograph und erst Recht nicht Drewermann übergehen den Konflikt des jugendlichen Martin, nachdem der Jus-Student Luther mit dem Entschluss, Mönch zu werden, den Vater vor den Kopf stieß. Das hatte Nachwirkungen. Wer Luthers Angst, der Gnade Gottes verlustig zu gehen, monokausal deutet als verdrängte Vaterangst (Drewermann 2016, S. 15f.) und glaubt, damit irgendetwas „erklärt“ zu haben, simplifiziert nur. Luther nahm den zu erwartenden Konflikt nicht angstgeschüttelt, sondern in vollem Bewusstsein der Konsequenzen in Kauf. Die Angst Luthers, mit dem Abbruch des Studiums dem Vater gegenüber ungehorsam zu sein, war geringer als die Angst, das eigene Heil zu verspielen, wenn er sein Versprechen nicht einlöst, Mönch zu werden. Die Angst vor dem Vater war auch geringer als die Angst vor dem Ketzertod, den Luther in Rechnung stellte in seinem Willen, nicht zu widerrufen. Die auf Erik Erikson zurückgehende Drewermannsche Erklärung der lutherschen Seelenlage in Bezug auf seinen Vater ist altbekannt. Ein Hinweis dazu findet sich auch bei Lyndal Roper (2016, S. . 70f.), hier allerdings in einem viel breiter angelegten Deutungskonzept, das auch die femininen Seiten der Spiritalität Luthers im Blick hat.

Selbstverständlich unterstützt Drewermann Luther und dessen Kirchenkritik, ja möchte Luther gern im eigenen Sinne weiterdenken. Von daher wird verständlich, dass der Theologe ohne Kirche unzufrieden ist mit dem lutherischen Protestantismus, der in seiner weiteren Entwicklung Luther nicht wirklich gefolgt sei. Stattdessen habe sich der Protestantismus, wie er sich heute zeige, in vier Aporien hineinmanövriert (Drewermann, 2016, S. 49ff.): Unlösbar sei für den Protestantismus erstens das Problem, dass die historische Forschung den Wahrheitsanspruch der Bibel gründlich widerlegt habe; zweitens, dass die Subjektivierung Gottes nur noch inneres Erleben beschäftige, Gott objektiv, als Lenker des Weltgeschehens, jedoch nicht mehr existiere.

Drewermann macht Schleiermacher zum Kronzeugen, dass der Mensch nicht oder nur in Unsicherheit leben könne, ohne Gott subjektiv zu erfahren. Diese Einsicht, so kann man hinzufügen, kommt in der berühmten Definition Schleiermachers zum Ausdruck, Religion sei die Erfahrung schlechthinniger Abhängigkeit. Merkwürdig ist dabei nur, dass Drewermann diese Einsicht des reformierten Theologen Schleiermacher als „wirklich ein Stück lutherisch“ (S. 52) bezeichnet! Die dritte Aporie bestehe im ungeklärten Verhältnis des Protestantismus zu den Erkenntnissen der Naturwissenschaften.: Das biblische Weltbild habe seinen Geltungsanspruch an die Theorien Darwins und Einsteins verloren und finde keine Antworten auf sie. Die vierte Aporie sieht Drewermann in der von Leibniz formulierten Theodizee: Wie kommt das Böse in die Welt, wenn der Allmächtige den Menschen als sein eigenes Abbild geschaffen habe und diese Schöpfung als „sehr gut“ bezeichnete nach biblischem Zeugnis (Gen 1, 27.31)? Drewermann verheimlicht nicht, dass diese Fragen auch jene Kirche, der er einmal zugehörte, nicht zu beantworten vermag (S. 60ff.).

Drewermanns besonderer Zugang zu Luther wird klar: Er ist der Einsicht Ludwig Feuerbachs verbunden (S. 52), die mit der Darwinschen Evolutionstheorie darin übereinstimmt, dass der Mensch im Erkennen der eigenen Schwachheit und Ungewissheit die Götter selbst entwirft, die er anbetet, ebenso das Böse: Der Teufel ist nach Drewermann nur eine „Chiffre“ für die „Dissoziation der menschlichen Persönlichkeit“ (S. 59). Aus dieser Sicht heraus weist Drewermann dem Protestantismus der Gegenwart die Aufgabe zu, „dem Papst einmal zu zeigen, wie Rom aussähe, wenn es begriffen hätte, was Christus wollte“ (S. 63).

An dieser Stelle ist Drewermanns Argumentation selbst aporetisch: Denn wenn alles Göttliche nur Chiffre für Menschliches ist, dann erst recht Christus als Erlöser. Drewermanns Theologie führt über den Subjektivismus und Pragmatismus in jenen Atheismus, in dem ein Großteil der Menschen sich heute sowieso befindet, selbst wenn die Kirchenfernen Kirchensteuer entrichten. Doch die Widersprüche, die Drewermann als aporetisch bezeichnet, sind in der Philosophie Immanuel Kants durchaus einer Lösung zugeführt worden, welche die protestantische Theologie des 19. Jahrhunderts stark prägte. Der Preis dafür bestand im stillen Einverständnis der Theologie mit der Kantschen Zweiteilung der Welt in Wesen und Erscheinung. Nur dadurch können naturwissenschaftliche Erkenntnis und Glaubensannahmen ohne wechselseitige Bevormundung miteinander auskommen.

Die Entdeckung, dass Luthers Weg in die Moderne zugleich den Weg in den Atheismus frei macht, ist wert, festgehalten zu werden. Drewermann lässt sich so lesen. Luthers Selbstzweifel dienten Feuerbach (in: „Das Wesen des Christentums“, 1841), zum Paradebeispiel dafür, wie der Reformator sich „seinen“ Gott schuf, auf den er sich verlassen konnte – und sich dabei ständig dem Teufel ausgesetzt sah, eine Projektion, die ihm immer dann seelisch half, wenn die Welt nicht so funktionierte, wie Gott und er selbst es gern gesehen hätten. Aber die Religionskritik Feuerbachs und die therapeutische Umformung christlicher Theologie durch Drewermann sind nur zwei von vielen Erkenntnissen, die den Stempel der Moderne tragen. Beide können, soweit man bislang darüber zu urteilen vermag, weder die Religion ausrotten, noch Begeisterung im Einsatz für den Mitmenschen auslösen, schon gar nicht eine Geistigkeit erzeugen, die menschliches Tun für andere als wahrhaftig und vorbildlich ausweist. Rupert Neudeck (1939-2016) zum Beispiel vermochte dies mit der Gründung von Cap Anamur trotz seines vielschichtigen Verhältnisses zur (katholischen) Kirche.

Einen anderen Zugang zu Luther als wir ihn bei Drewermann kennenlernten, hält Georg Diez (*1969) für seine Leser bereit: Der Journalist und Buchautor, der auch für seine Kolummnen bei Spiegel-Online bekannt wurde, beginnt sein bei C. Bertelsmann 2016 erschienenes Buch, „Martin Luher, mein Vater und ich“ mit der Schilderung seines Austritts aus der Kirche. Später berichtet er, dass er im Grunde schon als Achtjähriger seinen Glauben verlor. Im Eingangskapitel gelingt ihm in der Beschreibung seiner Empfindungen beim vollzogenen Kirchenaustritt in wenigen Zeilen nachvollziehbar darzustellen, wie heute die Versuche der Menschen, noch (christlich) zu glauben, aussehen: Dass dies manchen gelingt, anderen nicht gelingt und Dritte ungläubig wurden, da für sie ein himmlischer Erlöser funktionslos geworden ist.

Diez bringt das Paradox christlichen Glaubens auf den Punkt, (der, lässt sich hinzufügen, bei Luther immer wieder sichtbar wird): Man braucht den Glauben, um zu glauben! Alles was Luther interessant machen könnte für die Mehrzahl der Menschen, die heute zwischen Glauben und Nichtglauben stehen, liegt darin, dass Luther seinem Leser oder seiner Leserin die Chance bietet, etwas über sich selbst zu erfahren, wenn man sich mit ihm beschäftigt (Diez, 2016, S. 38f.). Repression und Gewalt, die Diez als Korrespondent in Moskau, Kairo und New York hautnah erlebte, münden in die Frage, ob die Gegenwart eine „Zeit aus Wut und Glaube“ sei, in der jüngere Menschen in Massen als „Kinder des Zorns“ auftreten. Was hat es mit diesem Zorn auf sich? Wo stehe ich selbst, als Pfarrerskind, aus dem heute leicht ein Terrorist werden könnte, muss sich Diez fragen oder sich sagen lassen (S. 43f.).

Wenn Drewermann die Angst in den Mittelpunkt seines Verhältnisses zum Christentum stellt, dann ist es bei Diez die Wut, die ihn beschäftigt. Der zornige Gott der Bibel, die ungeheure Wut Luthers über seine Gegner. Die Entdeckung, dass vieles Ungeordnete, Aggressive, allgemein die menschliche Zerstörungswut, heute Ähnlichkeiten aufweist mit der Zeit Luthers und dessen eigenem Verhalten. Das ist die eine Seite, die Diez beschreibt. Die andere Seite offenbart sich im Blick auf seinen Vater, der als evangelischer Pastor mit jenen Fragen fertig wurde, die heute seinen Sohn beschäftigen und zu diesem Buch führten. Diez bekennt in seiner reflektiven Erinnerung an den Vater, dass er als Kind dessen Berufsrolle und dessen Glaubensgebundenheit wohl wahrnahm, die Erinnerung an sein Menschsein aber weithin verhüllt blieb. An dieser Differenz arbeitet sich Georg Diez ab, in bemerkenswerter Weise, weil man vieles nachempfindet. Dabei greift er zur Klärung der Fragen, die ihn bewegen, immer wieder auf Luther zurück. Denn anders als diejenigen, „die mit der Idee des Radikalen kokettieren und doch nie gelernt haben, was es bedeutet, für etwas zu kämpfen und alles zu verlieren“ (Diez, 2016, S. 223), hatte Luther diese Möglichkeit immer im Blick.

Am Ende steht für Diez die Frage im Raum, wie man heute, ohne Gott, nach dem Guten streben, ja es überhaupt als gut erkennen kann (ebenda, 220f.). Die Frage bleibt bestehen. Sie wird nicht beantwortet, sondern mit Blick auf die weltpolitische Unruhe und die täglich begangenen Unmenschlichkeiten durch Krieg, Folter Verfolgung von weiteren Fragen bedrängt. War die Aufklärung eine Ausnahme? Oder führte sie gar zu Vernichtung ihres Selbstanspruches, könnte man weiterfragen. In dieser Situation wagt Diez wiederum den Rückgriff auf den fremdgewordenen Luther, der in seiner Widersprüchlichkeit wenn man bei ihm eine Antwort sucht, sie nur negativ gibt. Die evangelische Kirche hilft hier nicht, deutet Diez an. Sie habe sich nur an den Zeittrend angepasst und versuche, die Wut in der Gesellschaft allenfalls zu domestizieren.

Luther enthülle sich als „ein gespaltener Mensch und ein Spalter, voller Glaube und voller Gewalt – und diese Gewalt kann einem helfen, beides zu sehen und beides zu verstehen, den Freiheitsdrang und den Fanatismus, die Revolte und die Unterdrückung“ (Diez, 2016, S. 240). Am Ende bekennt der Autor dieses persönlichsten aller Luther-Bücher, dass die Beschäftigung mit Luther für ihn zu einem Selbstlernprozess wurde, welcher ihm die Vertrautheit des Vaters mit Luther noch einmal klar macht, doch die eigene Fremdheit zu Luther nicht löst. Dennoch leistete der Reformator für den Autor etwas Wicthtiges: Er brachte den Sohn durch die Erinnerungsarbeit näher an den Vater heran. Auch durch seine selbstreflektierende und bescheidene Sprache ist der Band unbedingt lesenswert.

Lutherkritik aus nachchristlicher Perspektive

Willi Winkler (*1957), preisgekrönter Autor und als Journalist bei führenden Blättern in der bundesdeutschen Presseszene tätig, hat sich ein Luther-Buch von der Seele geschrieben: „Luther, Ein deutscher Rebell“, erschienen bei Rowohlt, 2016, ca. 4,5 cm dick (sagt das Lineal des Rezensenten) , mit seinen 640 Seiten ein stattliches Werk, wenn auch auf etwas dickerem Papier und in größerer Schrift im Vergleich zu anderen Luther-Monographien. Anmerkungsteil und Literaturverzeichnis verdeutlichen in ihrem Umfang (S. 563-622): Der Autor will nicht nur einen größeren journalistischen Text vorlegen, sondern hat den Anspruch, wissenschaftlich ernst genommen zu werden.

Wenn Winkler (2016, S. 50f.) von Luther als dem „konservativen Revolutionär“ spricht, reißt das noch nicht vom Hocker. Verwirrend ist die Aussage: „Martin Luther ist beim besten Willen kein Zeitgenosse, sondern bleibt ein Fremder. Zum Klimawandel oder zum Islamismus hat er nichts zu sagen, obwohl ihm der Fundamentalismus vielleicht imponiert hätte“ (Winkler, 2016, S. 561).

Man fragt sich verwundert: Was will dieser Autor? Luther hätte sich zum Klimawandel äußern sollen, um in unsere Zeit zu passen? Wenn er an gleicher Stelle schreibt, Luther sei trotzdem „nicht unrettbar in der Vergangenheit verschwunden“ sondern wirke „über seine Millionen Jünger bis heute“ nimmt man zur Kenntnis, dass Winkler sich nicht zu den Jüngern rechnet. Winkler soll Katholik sein, ist aber doch wohl dieser Institution nicht sehr nahestehend, wenn er schreibt, Luther werfe sich „zum Gegenpapst auf“. Es bedürfe „nur noch einer symbolischen Geste, einer Art Schwarzen Messe, in der die Krönung dieses Gegenpapstes zelebriert würde“ (ebenda, S. 293). Seinem Gegenpapst bescheinigt der Autor: „Luthers Mordlust ist ungebrochen“ (S. 535) – zumal wenn es um Bauern oder Juden geht. Luther der Kategorie „Mörder“ zu subsumieren und dies auch noch mit dem Lustbegriff zu verbinden, steht eher für eine journalistische Abrechnung als für ein Buch, das wissenschaftlichen Anspruch suggeriert. Wenn Winkler mit seinem Buch einen Cartoon hätte aus der Taufe heben wollen, dann wäre alles okay. Aber er beharrt darauf, ernst genommen zu werden. Dem zu folgen fällt schwer. Nicht Luther, sondern Winkler tritt hier als Rebell auf – gegen sich selbst. Man kann nicht behaupten, dass das Vorhaben gelungen sei.

Das erste ins Auge fallende Zeichen eines „rebellischen“ Auftretens von Winkler liegt in seiner Sprache, die mehr als einmal zu Nachfragen Anlass gibt: „Frech vergleicht Luther sich auch in diesem Abschiedsbrief an seine weltlichen Herren mit Christus …“ (Winkler, 2016, S. 13). Rebellisch verhält sich Winkler auch gegenüber dem Lateinischen, wenn er schreibt: „Die mittelalterliche ordo ist so peinlich genau beachtet worden“ (ebenda, S. 80), und an „der ordo hat sich durch Luthers Trotz noch nichts geändert“ (S. 413). Ich erinnere mich dunkel, dass man ordo – weil grammatikalische Ausnahme – dem männlichen Geschlecht (nicht dem weiblichen!) zuzuordnen hat. Winkler zitiert oft aus der Weimarer Ausgabe der Lutherschen Schriften, manchmal so, dass man als Leser die vergessenen Lateinkenntnisse mühsam zurückholen muss ins Bewusstsein. Alles in allem erweckt er der Anschein, dass er sich auskennt. Doch da sind Zweifel erlaubt.

Es wäre Sache des Rowohlt-Lektorates gewesen, Fehler dieser Art, die jedem unterlaufen können, zu korrigieren. Schwerer wiegt, dass Winklers Rebellentum davor nicht Halt macht, seine Leserschaft durch sachliche Fehler zu ärgern. Luther als „Stifter einer Religion“ (S. 10) zu bezeichnen ist sachlich inkorrekt. Das kann man genau genommen nicht mal von Jesus Christus sagen, der Jude war, eine jüdische Mutter hatte, ein Erneuerung des Judentums erstrebte, indem er sein Kommen als die Erfüllung des Gesetzes bezeichnete (Mt 5,17) – und als Jude am Kreuz starb. Alles andere ist, historisch gesehen, rückwirkende christliche Deutung durch den Glauben, wobei man über die Frage, wer denn der erste Christ gewesen sein soll, natürlich streiten kann. Nur sollte man als Lutherbiograph wissen: Luther hat keine neue Religion gegründet.

Besondere Rätsel gibt der Satz auf: „Am 3. Januar 1523, genau drei Jahre nach der Bannbulle ’Exige turpem’, erklärte der Gesandte, die Vorwürfe, die Luther der Kirche gemacht hatte, für berechtigt“ (Winkler, 2016, S. 447). Wenn in jeder Chronik steht, dass die Bannandrohung für Luther durch die Bulle „Exsurge Domine“ vom 15. Juni 1520 ausgesprochen wurde (für den Fall, dass er 41 beanstandete Thesen nicht widerrufe) und der Kirchenbann mit der Bulle „Decet Romanum Pontificem“ vom 3. Januar 1521 Bestätigung erfuhr, dann weiß man nicht, ob Winkler hier einen Fund aus dem päpstlichen Geheimarchiv, eine subjektive Falschaussage des päpstlichen Gesandten, oder eine eigene falsch erinnerte Bezeichnung zitiert. Auch gegen Gesetze der Subtraktion rebelliert Winkler. Ich zähle nur zwei Jahre, nicht drei, wenn von 1523 auf 1521 zurückgeblickt wird. Hier sollte man einfach aufhören, zumal Winklers Luthers-Biographie 1527 mit der Schilderung des Sacco di Roma ihr Ende findet. Denn anschließend geht es ihm nur noch um Luthers Judenschriften und seine letzten Lebenstage.

Damit wenden wir uns zum Abschluss des Kapitels „Lutherkritik“ dem schmalen Band von Christoph Türcke (*1948) zu, „Luther – Steckbrief eines Überzeugungstäters“, erschien im Oktober 2016 im Verlag Zu Klampen. Türcke lehrte bis zur Erreichung des Ruhestandes Philosophie an der Hochschule für Graphik und Buchkunst in Leipzig. Er verfügt neben seiner Ausbildung als Philosoph auch über ein volles Theologiestudium. Seine Veröffentlichungen machen deutlich: die Nähe zur Kritischen Theorie, den Bruch mit dem Christentum sowie eine Gesellschafts- und Religionskritik, die experimentell-spielerisch mit Bruchstücken abendländischer Denktradition umgeht, um neue Sichtweisen zu kreieren. „Aufklärung“ zu leisten in einer Welt, die dringend der Aufklärung bedarf – durchaus im Sinne Immanuel Kants –, ist das Ziel. In Türckes kritisch aufklärender Sicht Luthers ist soviel Neues allerdings nicht zu entdecken. Doch wenn es darum ginge, den dünnen Band von Türcke und den dicken Band von Winkler einem Ranking zu unterziehen, dann würde die Entscheidung zugunsten des dünneren Buches ausfallen.

Türcke vermag mit seiner Lutherkritik aus dem Brunnen professioneller Kenntnis der Zeit und der Kirchengeschichte zu schöpfen. Das gilt zum Beispiel für das Kapitel über den Ablass, in dem darauf verwiesen wird, dass Luther in den 95 Thesen keine Kritik am Ablass selbst, sondern an dessen Missbrauch übte. War doch die Reue, für Luther unerlässlich, völlig aus dem Blickfeld der Kirche geraten. Türckes Knappheit der Darstellung ist wiederum Herausforderung für kritikbereite Leser: Denn im „Sermon von dem Ablass und Gnade“ (1518) zweifelt Luther an der Wirkung von Ablässen, im Sermon über die Buße (1519) ist der „irdische“ Ablass gegenüber dem eigentlichen „himmlischen“ Ablass – die Vergebung Gottes aus Gnade – klar in den Vordergrund gerückt. Aber das weiß der Auttor selbst, der seinen Traktat mit den Worten beschließt:

„Als Ahnherr der Moderne ist Luther zwar ein Popanz. Als Ahnherr der deutschen Schriftsprache beginnt er in unerwarteter Weise einen Hoffnungsschimmer auszustrahlen“ (Türcke, 2016, S. 117).

Was Türcke zu sagen unterlässt: Der Popanz Luther war mit seiner Bibelübersetzung immerhin in der Lage, dem „Volk“, dem durch die Bildungsreform Melanchthons das Lesenlernen zur Pflicht gemacht wurde, ein Instrument der Kontrolle in die Hand zu geben – ganz im Sinne von Luthers „sola scriptura“ –, um sich dann selbst fragen zu können, inwieweit so manche eigennützige Forderung der Obrigkeit oder der Kirche mit biblischer Wahrheit vereinbar sei. Dass die Menschen von der Papstkirche mit dem Kauf von Ablässen betrogen wurden, kapierten sie sehr schnell. Und allen, die heute bei Luther nur die Exzesse seiner Judenschriften sehen, muss man sagen: Luther hat dem Volk, jedem einzelnen Menschen, das Alte Testament auf deutsch zugänglich gemacht. Im eigenen Erlesen des Alten Testaments wurde es jedem möglich, mit der Heilsgeschichte des Judentums die Wurzeln der eigenen Glaubensgeschichte zu begreifen, paradoxerweise nur durch Bewahrung eines eigenen Urteils, das sich von Luthers Judenfeindschaft abhob.

In Luthers Botschaft war die tradierte Judenfeindschaft der Kirche enthalten, aber sie stand nicht obenan. Man konnte jetzt die Psalmen selbst lesen und beten: „Der Herr ist mein Hirte …“ oder „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“. Die tragische Glaubensverirrung Luthers bestand darin, dass ihm die Psalmen einmal mehr Anlass wurden, dem Judentum vorzuwerfen, es habe die christliche Botschaft, die im Alten Testament Grund gelegt sei, nicht verstanden, sie vielmehr verworfen. „Luthers Juden“ (Thomas Kaufmann) waren aus der Sicht des Reformators verstockt, weil sie leugneten, dass das Alte Testament eine gottgewollte Vorbereitung auf den Heiland sei. Stattdessem haben sie ihn nach Luthers Überzeugung ans Kreuz geliefert. Doch dieser Vorwurf des GOTTESMORDES, vielleicht die übelste Schmähung, die führende Träger des (Heiden-) Christentums den Juden zufügten, war altbekannt.

Der Vorwurf des Gottesmordes beherrschte die Theologie der Kirchenväter des zweiten bis vierten Jahrhunderts – wie Johannes Chrysostomus im Osten, Ambrosius von Mailand und Augustinus im Westen des römischen Reiches. (Heiden-) Christliche Prediger verkündeten, dass das Christentum das wahre Israel, verus Israel, sei. Sie sprachen dem Judentum ab, sich noch als auserwähltes Volk bezeichnen zu dürfen. Damit erhielt auch das bereits marginalisierte Judenchristentum den Todesstoß, das aus der Jerusalemer Urgemeinde hervorging. Der Streit ging auf Paulus zurück. Als geborener Diaspora-Jude hatte er sich theologisch vom Judentum getrennt (Gal 2,15-21;ff), sprach von Anhängern der Jerusalemer Urgemeinde als den „falschen Brüdern“ (Gal 2,4) von Petrus als Heuchler (Gal 2,11-14) und verfluchte alle, die nicht seiner Lehre eigenen Lehre folgten (Gal 1,8).

Hier lag der Ausgangspunkt für viele der auch in späterer Zeit erschienenen Angriffe gegen die Juden. Der Konflikt wird bei Luther zur Gänze sichtbar. Der theologische Antijudaismus Luthers berührt das Kernproblem christlicher Identität: den Mangel zu spüren, jene im Bund mit Gott geschlossene Identität Israels nicht zu besitzen, sondern sie sich über die paulinische Theologie der Errettung der Welt durch Christus Jesus kompensatorisch aneignen zu müssen – auf Kosten des Judentums, das für diese Mangelerfahrung christlicher Identität gehasst wurde von Anfang an. Das Identitätsproblem war bei Luther auch deshalb so virulent, weil er, der exkommunizierte Reformator, nur als Einzelperson sprach – ohne institutionelle Abfederung durch die weltbeherrschende Kirche.

Für den neuen Glauben gab es sogar ein doppeltes Identitätsproblem, die christliche Abspaltung vom Judentum wie die evangelische Abspaltung vom Katholizismus. Jene Selbsterniedrigung im Glauben des Mönches Bruder Martin, zu der nur derjenige kommt, der sich als ein von Sündenbewusstsein zerfressenes Wesen erfährt, führte ihn, den wider eigenem Woilen zum Reformator gewordenen Luther, in der Erfahrung der Gnade nicht nur zu einen starken Glauben, mit dem er „Pecca fortiter“ (Sündige tapfer!“) sagen konnte. Vielmehr erfuhren die in diesem Glauben unbewältigten, gegen das eigene Selbst gerichteten Aggresssionsimpulse, die tiefe Selbsterniedrigung auslöst, eine Abspaltung, deren Schärfe sich auf die Unterlegenen und seit langem Verfemten richtete: die Juden.

Zu den großen Widersprüchen heidenchristlicher Dogmatik gehört die Aussage, es sei Gottes Heilsplan gewesen, seinen Sohn zu den Menschen zu schicken, um im eigenen Leiden die Sünden der Menschheit am Kreuz auf sich zu nehmen. Zugleich weigerten sich die Interpreten jedoch, den Heilsplan Gottes am Werk zu sehen, wenn es um die Rolle der Juden ging. In seiner Absicht, die Welt zu retten, veranlasste der jüdisch-christliche Gott die Juden – selbstverständlich – das zu tun, was sie taten. Luther war eher bereit, sich selbst als Gottes Werkzeug zu begreifen, als dass er in der Lage war, die heilsnotwendige Rolle derer zu erkennen, die er für theologisch unbelehrbar hielt und hasste. Doch als die vom Chhristentum ständig Gedemütigten bilden sie, recht betrachtet, jene „Geringsten“, die Jesus erhöhte, wenn er von „diesen meinen geringsten Brüdern“ sprach (Mt 25, 40). Jesus nahm sich nicht der Sieger, sondern der Verlierer der Geschichte an. Als Verlierer der jüdisch-christlichen Geschichte waren die Juden die eigentlichen Heiligen in der Erfüllung der Vorhersehung des Herrn, wenn man (anders als Luther und die Kirche vor seiner Zeit dies taten) die frühchristliche und von Anselm von Canterbury ausgeformte „Satisfaktionslehre“ richtig auslegt – jedenfalls nicht zu eigenem Gunsten missbraucht.

Luther war nicht in der Lage, die Rolle der Juden im göttlichen Erlösungswerk zu begreifen. Erstaunlich, dass dieses dogmatische Dilemma in der Diskussion der Judenfeindschaft Luthers bei Theologen heute keine Rolle spielt. Immerhin hat sich die Evangelische Kirche Deutschlands (EKG) auf ihrer 12. Synode am 11.11.2015 in ihrer Erklärung „Martin Luther und die Juden“ deutlich distanziert von Luthers Sicht und von einem schuldbelasteten Erbe gesprochen. (www.ekd.de/synode2015_bremen/beschluesse/s15_04_iv_7_kundgebung_martin_luther_und_die_juden.html; Abruf: 30.3.17).

Luther und die Katholiken

Zu den interessantesten Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt 2017 gehört der Band „Luther, der Ketzer“ (C.H. Beck), von Volker Reinhardt (*1954), Professor für Geschichte der Neuzeit an der Universität Fribourg. Reinhardts Verdienst besteht darin, erstmals umfassend die katholische Reaktion auf die den Ablassthesen Luthers nachfolgenden Jahre bis zum Tod des Reformators erschlossen zu haben. „Bisher unbeachtete Akten in den Vatikanischen Archiven“ habe der Autor benutzt – so steht es im Klappentext – um die bis dahin nicht bearbeitete Frage zu beantworten, wie die römische Kurie diesen Ketzer Luther und seine Anhänger sah. Prüft man das Quellenverzeichnis des Bandes von der Erwartung beflügelt, der Vatikan habe erstmals einem unabhängigen Historiker deutscher Sprache sein Geheimarchiv geöffnet, stellt man fest, diese Vatikan-Akten sind seit langem publiziert und den Fachleuten bekannt. Richtig ist nur, dass sie bisher wohl zu wenig „beachtet“ wurden in der Luther-Diskussion.

Diese etwas ernüchternde Entdeckung macht das Buch um keinen Deut weniger wertvoll. Unsere Vorbemerkung soll nur verdeutlichen, wie eine – im Prinzip – richtige (allerdings interessengelenkte) Information des Verlages C.H. Beck bei der neugierig werdenden Leserschaft Erwartungen weckt, die enttäuscht werden – doch nur bei denjenigen, die etwas genauer hinschauen. Wenn Ähnliches im Streit politischer oder religiöser Parteien öffentlich, massenweise und ohne normative Regulierung geschieht, erzeugt interessenbestimmte Information (die im Prinzip durchaus richtig sein kann), ein Paradox: Sie führt zu einem informatorischen Chaos, das nicht Aufklärung, sondern Unsicherheit, Vorurteile, Feindbilder erzeugt und vergrößert.

Mit diesem Mechanismus hat Reinhardts verdienstvolles Buch zu tun. Denn der angedeutete psychische Mechanismus kennzeichnete das Leben Luthers und der Menschen seiner Zeit – einer Epoche, die dank der Erfindung des Buch- und Bilddrucks im religiösen Streit pausenlos Information wie Desinformation erzeugte. Luther steigert die Intensität der Wirkung seiner Worte und Texte durch grobschlächtige, beleidigende, doch in Bezug auf das Leben der Renaissance-Päpste durchaus punktgenaue Polemik. Dass die Kirche zu eigenem Nutz und Frommen in der Erfindung von Glaubenspostulaten glänzte, die im Falle ihrer Bewährung vom Papst zu Wahrheiten erhoben wurden, war Jahrhunderte überdauernde, die Volksfrömmigkeit formende Praxis. Auch wenn alles nicht so schnell ging, sondern einige Zeit in Anspruch nahm: Zuerst wurde das Fegefeuer erfunden, dann wurde der Ablass vom Fegefeuer erfunden, und schließlich konnte diese fromme Befreiungstat nützen, indem durch das Tauschmittel „Geld“ die Genugtuung verschaffende Bußleistung eine gottwollte Transformation erfuhr – ein viel größeres Wunder, als jemand von den Toten auferstehen zu lassen – durch Finanzierung von Kirchen, Spitälern, Bauwerken und nicht zuletzt dienlich dem Schuldendienst der Kirchenoberen bei ihren Darlehensgebern. Einfach genial.

Wenn Luther sich mit seinen Thesen gegen diese bewährte Art der Wirklichkeitserzeugung der Kirche wehrte, dann musste er bei seinen mächtigen Gegnern in Rom genau jenen Eindruck eines Monsters wecken, den Reinhardt dokumentiert. Es lag nach Reinhardt nicht an den vorhandenen theologischen Differenzen, die eine Verständigung zwischen der römischen Kurie und Luther unmöglich machten, sondern an den vorlaufenden Wirklichkeits- und Kommunikationsstruturen. Die geführten Dispute, veröffentlichten Texte und die schlagartig einsetztende Flugblatt-Polemik führten zum puren Schlagabtausch, der keinerlei Chancen für eine Verständigung bot. Die Frage „Thesenanschlag oder nicht?“ beantwortet Reinhardt (2017, S. 67) bejahend mit dem Hinweis, dass Melanchthons spätere Äußerung, Luther habe die Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche angeschlagen, „heute wieder als glaubwürdig gilt“.

Im Wesentlichen schrieb Reinhardt sein Buch auf der Basis der Berichte über Luther, seine Anhänger und die Stimmung an den Höfen, welche die in Deutschland aktiven päpstlichen Legaten und Nuntien nach Rom sandten. Er beschreibt aber auch die prekäre Lage der Kurie, die Luthers Theologie und die politischen Veränderungen bewirkten: Erstens wurden Luthers Ablassthesen von Anfang an in Rom durchaus ernst genommen. Zweitens sank spätestens nach 1530 die erfolgsverwöhnten Stimmung in der römischen Kurie radikal. Das Bewusstsein der gewohnten politischen und religiösen Überlegenheit der Kirche über Europa wurde erschüttert. Die größte Krise der Kirche seit Beginn ihrer Herrschaft als römische Staatsreligion warf ihre Schatten. So wuchs der Einfluss des Reformflügels der Kirche, der allerdings bis zur Einberufung des Konzils 1545 stillhalten musste angesichts der von Clemens VII. und der ab 1534 von seinem Nachfolger Papst Paul III. wie üblich betriebenen Politik der Förderung von Günstlingen und Familienangehörigen – abgesehen von den ständigen Versuchen politischer Machterweiterung der Kirche, die allein schon durch den Abfall Englands kastrophal endeten.

Reinhardt zeigt die politischen Fehleinschätzungen der römischen Kurie, vor allem ihre diplomatische Inflexibilität auf. Sie war unfähig, angemessen auf die Dynamik des politischen Kräftespiels in Europa zu reagieren. Die für Rom in deutschen Landen wirkenden Gesandten fühlten sich im Stich gelassen angesichts eines – anscheinend – unaufhaltsam wachsenden Einflusses neugläubig gewordener Fürsten und Stände des Reiches.

Der Hauptzeuge aus Kreisen der römischen Kurie für die ersten Jahre der Reformation ist der – in Lutherbiographien immer erwähnte – päpstliche Gesandte Girolamo Aleandro (Aleander), ein hochgebildeter Humanist, der ab 1520 die Aufgabe hatte, den durch Kirchenbann, Ächtung und Tötung vorgezeichneten Weg für den Ketzer Luther im Reich durchzusetzen – und auf der ganzen Linie scheiterte. Das zeigt Reinhardt (2017, S. 267f.) insbesondere für die zweite (1531) und die dritte Deutschlandmission (1538/39) des päpstlichen Diplomaten. Aleandros Eindruck von Luther war vernichtend. Luther war in seinen Augen ein bösartiger, widerspenstiger, ungebildeter Barbar, wie dieses Land, dessen Sprache der Italiener nicht sprach, Fremdheit ausstrahlte. Die in deutschen Territorien seit langem vorherrschende Aversion gegenüber der Politik der römischen Kirche, der man unterstellte, sie würde die Deutschen ökonomisch und finanziell nur ausbeuten, musste der Sondergesadte hautnah zur Kenntnis nehmen. Dank des enormen Zuspruchs, den Luther erhielt, und der Kirchenreform in Kursachsen hatte der Reformator eine Bewegung ausgelöst, die in ihrer Anti-Rom-Stimmung auch erstmals ein „teutsches“ Nationalgefühl kreierte.

Aleandros Nachfolger als Chefdiplomat der päpstlichen Deutschlandmission wurde, nachdem der Augsburger Reichstag 1530 keineswegs im Sinne Roms ausgegangen war, Pietro Paolo Vergerio, der in den hier besprochenen aktuellen Lutherbiographien nicht Erwähnung findet, von Obermann immerhin kurz genannt wurde. Vergerio ist vor allem deshalb interessant, weil nach einer persönliche Begegnung mit Luther in Wittenberg im Norvember 1535 beide ihre Eindrücke voneinander festhielten. Beschränken wir uns hier nur auf den Eindruck, den der „Papist“ Vergerio von den Neugläubigen im Allgemeinen und von Luther im Besondereen hatte. Reinhardt (2017, S. 282ff.) zitiert aus Briefen Vergerios nach Rom: Die sechstätige Reise zu den deutschen Barbaren habe ihm, schrieb er, nur „Unannehmlichkeiten und Gefahren“ gebracht –

„alles voller Leute, die dieser verfluchten lutherischen Sekte anhängen. Sie haben mir mehrmals große Angst eingejagt, denn ihre Raserei und ihre Wut werden unglaublich, sobald nur vom Papst und von Rom die Rede ist“ (zit. in: Reinhard, S. 283).

Luthers Latein schockierte den Nuntius (wie zuvor schon Aleander), denn es sei „so schlecht, dass er einige Bücher, denen man eine gewisse Gewandtheit und Ausdruckskraft im Lateinischen zuschreibt, unmöglich selbst verfasst haben“ konnte. Luther sei „ein Mann von recht grobem Äußeren“. Er sei ihm zwar soweit wie möglich freundlich begegnet, doch:

„Er [Luther] hat so unruhige rollende Augen, dass sie – glauben Sie mir Monsignore – je länger ich sie sah, desto mehr den Augen eines Besessenen ähnelten, den ich früher einmal zu Gesicht bekam – so eingesunken, unstet, wütend, ja rasend war sein Blick. […] Nach Gesicht, Haltung (habito), Gesten und Worten zu urteilen, ist er – ob besessen oder nicht – die Arroganz selbst, gepaart mit Bösartigkeit (malignità) und dreister Dummheit (imprudentia)“ (zit. in: Reinhardt [2017], S. 284; S. 286).

Bleibt noch zu erwähnen, dass Vergerio nach ausgiebigen Studien der Schriften Luthers 1549 zum neuen Glauben konvertierte und seine letzten Lebensjahre als lutherischer Seelsorger in Tübingen verbrachte.

Nach den Religionsgesprächen anlässlich des Regensburger Reichstages 1541 sah es so aus, als ob – vermittelt durch Melanchthon, katholischerseits durch den Reformbefürworter Kardinal Continari – die gelungene Einigung der Kommission in der Rechtfertigungslehre noch zur Wiedergewinnung christlicher Einheit hätte führen können. Doch die Hardliner der Kurie in Rom lehnten den Kompromiss ab, und die Wittenberger Hardliner, voran Luther, taten dasselbe.

Das von Papst Paul III. 1535 angekündigte, doch erst Ende 1545 einberufene Konzil fand bekanntlich ohne die Protestanten statt. Reinhardt betont, Luthers Kritik habe in der römischen Kurie insofern Wirkung gezeigt, dass die zuvor offen betriebene Pfründenjagd der Prälaten jetzt als anrüchig galt. Dem ist für unseren Kontext hinzuzufügen: Der Nepotismus der Päpste und die Bekämpfung von Andersgläubigen änderte sich nicht. Für Juden und Nichtkatholiken im katholischen Europa begann in der Konzilszeit der fünfziger Jahre keineswegs eine Ära religiöser Toleranz. Gegenüber den bösen „Judenschriften“ Luthers der vierziger Jahre besaßen die päpstlichen Rechtsakte, die Juden (und Andersgläubige) um ihres Glaubens willen verfolgten, eine sehr viel größere praktische Wirkung. Offenbar vergessen war die von Papst Calixtus II. um 1122 zum Schutz der Juden ausgefertigte Bulle „Sicut Judaeis“. Papst Julius III. ließ 1553 alle jüdischen Schriften verbrennen. Papst Paul IV. stärkte die Inquisition, verfolgte Protestanten, befahl 1555 die Gettoisierung aller Juden und ließ 24 Marranen (zwangsgetaufte Juden) in Ancona verbrennen. Papst Pius V. ließ die zum Protestantismus abgefallenen Waldenser 1561 ausrotten. Die wenigen Überlebenden wurden zwangskatholisiert. Seit dem Altertum sah die Praxis der Behandlung von fremden Ethnien so aus: Was sich nicht beugte durch Unterwerfung und irgendeinen Nutzen abwarf, wurde ausnahmslos getötet. Das war Genozid, doch kaum aus purer „Mordlust“ (Willi Winkler), sondern kraft Amtes. Der vom antiken Judentum übernommene Ausschließlichkeitsanspruch monotheistischer kirchlicher Herrschaft trieb dazu und war kirchenrechtlich abgesichert. Gleichwohl handelte es sich aus heutiger Sicht um Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Reinhardt (2017, S. 251) veranschaulicht, wie Luthers Kampf gegen das Papsttum zum „Ausweis seiner eigenen heilsgeschichtlichen Aufgabe“ geriet. Die eigenen Überzeugungen mit absolutem Wahrheitsanspruch zu versehen war herrschende Praxis der Kirche Roms wie Praxis der Kirche Luthers. Das wechselseitig fleißig geübte Verteufeln und Zur-Hölle-wünschen geriet hier zur Selbstdemaskierung religiöser Glaubensgewissheit. Alles was Luther störte und in der Realität theologischer Dispute und politischer Entwicklungen anders lief, als er es für richtig hielt, war vom Teufel besessen. Reinhardt (2017, S. 318ff.) verweist hierzu auf die letzten beiden Schriften Luthers gegen das Papstum von 1545. Dessen Verbitterung über eine politische Entwicklung, die die Reformation an den Rand des Scheiterns brachte, sowie persönliche Schicksalsschläge ließen nur noch den Teufel am Werk und das Jüngste Gericht nahe sein. Luthers erster und sein letzter Feind war der Papst. Reinhard (S. 320) spricht von „regelrechten Rachephantasien“ Luthers.

Der Papst ist für Luther (von mir schriftsprachlich angepasst): „Ein Statthalter des Teufels, ein Feind Gottes, ein Widersacher Christi und Verstörer der Kirchen Christi, ein Lehrer aller Lügen, Gotteslästerung und Abgöttereien, ein Erzkirchendieb und Kirchenräuber der Schlüssel, aller Güter, beide, der kirchlichen und der weltlichen Herren, ein Mörder der Könige und Hetzer zu allerlei Blutvergießen, ein Hurenwirt über alle Hurenwirte aller Unzucht, auch die nicht zu nennen ist, ein Widerchrist, ein Mensch der Sünden und Kind des Verderbens, ein rechter Beerwolf.“ (zit. in: Reinhardt, 2017, S. 322).

Wie bewerten heute die deutschen Repräsentanten der römisch-katholischen Kirche Luthers Anliegen? Ein Essay von Walter Kardinal Kasper über Luther (Patmos-Verlag, 2016) gibt darüber Auskunft. Längst zeichnet sich auch in der römischen Kirche das Bedürfnis nach Verständigung zum Luthertum ab. Schon der Untertitel des Bändchens von Kasper, „eine ökumenische Perspektive“, lässt aufhorchen. Denn Ökumene war bis in die jüngste Zeit das Stichwort zu einem Gesprächsforum, das von jenen christlichen Richtungen benutzt wurde, die nicht zur römisch-katholischen Kirche gehören, während letztere das Thema unnötig fand: Die Kinder, die sich von der Mutter losgesagt hatten, brauchen doch nur zu ihr zurückzukehren!

Kaspers Erwägungen haben diese Phase der Unbeweglichkeit gegenüber der Ökumene überwunden. Ihm ist deutlich, dass seine Überlegungen in eine Zeit fallen, in der „Kirche“ oder „Gott“ zu Fremdwörtern geworden sind. Weder verstehen heute Katholiken den damaligen Streit um den Ablass, so Kasper, noch wisssen Evangelische, was Luther mit Rechtfertigung meinte. Die katholische Kirche habe die Aktualität Luthers erkannt und sein religiöses Anliegen positiv gewürdigt. Kasper betont, dass der Weg, den das Zweite Vatikanische Konzil (1963-1966) eingeschlagen habe, „unumkehrbar“ sei, Papst Franziskus habe eine neue Phase der Rezeption eingeleitet, die die „synodale Struktur“ der Kirche in der „Volk-Gottes-Ekklesiologie“ hervorhebe – für die Evangelischen eine fast unglaubliche Botschaft. Kardinal Kasper (2016, S. 9) spricht von der Erwartung vieler Christen, dass das Gedenken an 500 Jahre Reformation dem Ziel der Einheit der Kirche trotz noch bestehender kontroverser Fragen einen Schritt weiter bringt: „Wir dürfen diese Erwartung nicht enttäuschen.“ Das hat man seit 500 Jahren so zum ersten Mal gehört: Denn diese Erwartung ist eben nicht im bloßen Festhalten an der eigenen Sicht gebunden, geknüpft an die Erwartung, die Gegenseite möge diese Sicht anerkennen. Sie zeigt Verständnis für die andere Seite im Willen zum Dialog:

„Einen wirklichen Dialog können nur Menschen führen, die je ihren Standpunkt haben, die aber bereit sind, aufeinander zu hören und voneinander zu lernen. (…) Das setzt voraus, die Wahrheit des anderen nicht verletzend und polemisch, sondern die Wahrheit in der Liebe (Eph 4,15) zu sagen, den Kontroversen das Gift der Spaltung zu entziehen und sie zum Geschenk zu machen, so dass beide in der im ursprünglichen Sinn verstandenen Katholizität wachsen und Gottes Barmherzigkeit tiefer erkennen und sie gemeinsam der Welt bezeugen“ (Kasper 2016, S. 61f.).

Das lässt hoffen, zumindest auf eine beiderseitig von Empathie getragene gute Absicht. Der Papst hat sich Bedenkzeit für Reformen erbeten. Denn auch das muss gesagt werden: Über symbolische Akte hinaus gibt es katholischerseits in der Praxis von Taufe und Eucharistiefeier keine Veränderung, um die theologische Differenz zum Protestantismus aufzuheben.

Ein Buch, das in diesem Kontext von Interesse ist, trägt den zur Frage erhobenen Titel „Luther: Zankapfel zwischen den Konfessionen und ‚Vater im Glauben‘“? Herausgeber sind Mario Delgado (*1955), der aus Spanien stammende katholische Kirchenhistoriker der Universität Fribourg, und der Tübinger evangelische Theologe Volker Leppin. Der 2016 bei Academic Press Fribourg und W. Kohlhammer, Stuttgart erschienene Band enthält die Referate von evangelischen und katholischen Fachleuten – Historikern, Kirchenhistorikern, Philosophen, Theologen –, die einer Tagung über Luther entstammen. Die 23 Beiträge verteilen sich auf drei Themenschwerpunkte: Konfessionelle Auseinandersetzungen um die Person Luthers, Konfessionelle Kulturen in den Nationen Europas, Neuzeitliche Kontroversen und Annäherungen.

Leppin umreißt in seiner Einleitung, in welchem Ausmaß das Bild von Luther in der protestantischen Theologie zu einem Konstrukt wurde, das von konfessionell betriebener Dämonisierung und Monumentalisierung lebte. Erst spät wurde von katholischen Kirchenhistorikern Luther positiv als „Vater im Glauben“ rezipiert, während wenig später ihre evangelischen Kollegen und Kolleginnen gleichsam gegenläufig Luther gegen den Strich zu bürsten begannen, um problematische Aspekte ans Tageslicht zu fördern. Von besonderem Interesse sind die Forschungsbeiträge über die Lutherrezeption in den verschiedenen Territorien Europas, wie in Skandinavien, Polen und den Niederlanden, aber auch in Italien, Frankreich und Spanien. Innerhalb katholischer Gebiete sind es religiöse Minderheiten, die in Opposition zur Kirche stehen und von Luthers Texten argumentative Hilfe erwarten. Dort aber, wo der lutherische Glaube Basis der Staatskirche bildete, brachte er nationale Kulturen hervor. Der Band zeigt, wie sehr eine Verständigung über Luther davon abhängt, die Fähigkeit aufzubringen, Luthers historische Wahrnehmung in bestimmten Kontexten zu trennen von den theologischen Grundfragen des Christentums in der Moderne.

Aus dem Ketzer Luther von 1521 ist heute eine Glaubensfigur geworden, der katholischerseits – zumindest in manchen Kreisen – Dank abgestattet wird. „Danke, Luther“ – sagt Rita Burrichter, Professorin am Institut für katholische Theologie der Universität Paderborn in ihrem Editorial für die November-Ausgabe 2016 der „Katechetischen Blätter“: „Ein existenzielles Glaubensverständnis und eine auf Mündigkeit und Verantwortung zielende Bildung – fundamentale Vorraussetzung gegenwärtiger Religionspädagogik – verdanken sich nicht zuletzt reformatorischen Impulsen“ (http://lbib.de/Katechetische-Blaetter-4-2016-Danke-Luther-95935; Abruf: 30.3.17).

Die Zukunft der Kirchen

Im Moment kann man in Deutschland grob gesprochen von einer konfesssonellen Dreiteilung sprechen, wenn man Religionen bzw. Bekenntnisse mit prozentual geringeren Anteilen außer Acht lässt: Etwa ein Drittel der gesamtdeutschen Bevölkerung ist katholisch, ein (knappes) Drittel ist evangelisch und ein (gutes) Drittel ist konfessionslos (allein in Ostdeutschland sind über 80 Prozent der Menschen konfessionslos). In den Niederlanden, in denen im 17. Jahrhundert die protestantische Freiheit der Weltmacht des Katholizismus paroli bot, sind heute über 50 % der Einwohner konfessionslos. Welche Zukunft wird der katholischen und der evangelischen Kirche beschieden sein? Eine kleine Schrift mit dem Titel Martin Luther“ kann man unter anderem als den Versuch lesen, darauf ein Antwort zu geben. Sie stammt von Thomas Kaufmann (2016a), wurde erstmals 2006 veröffentlicht und liegt derzeit in der vierten Auflage vor. Das Büchlein ist nicht etwa eine Zusammenfassung der beiden großen Werke Kaufmanns zur Reformatiion. Das kleine Werk hat einen eigenen Duktus. Die römisch-katholische Kirche, stelle sich „bis heute“, so Kaufmann (2016a, S. 116) , „als rechtlich und organisatorisch stabilste und weltweit präsenteste Institutionalisierungsgestalt des Christentums“ dar. Dem Göttinger Kirchenhistoriker fällt es offenbar schwer, die Aussage als Faktum gelten zu lassen. Die feine Differenz zur Tatsachenaussage, die seine Formulierung deutlich macht, besagt: die katholische Kirche stelle sich so dar. Wenn dann Kaufmanns Schlusssatz lautet, Luther habe „dem Christentum die Religion erschlossen und die Religion der Welt“ (ebenda, S. 122), kommt man ins Grübeln. Denn ob der „clash of cultures“, den die Dynamik von Migrations- und Flüchtlingsbewegungen Richtung Europas ausgelöst hat, von Dauer sein wird und welche Formen religiöser Durchmischung oder Abgrenzung daraus resultieren, ist schwer zu sagen. Besonders ungewiss ist das Schicksal des Protestantismus. Sein Verweltlichungsprozess, der mit der Reformation beginnt und im Aufklärungszeitalter erstmals Atheismus als Alternative im europäischen Christentum aufscheinen lässt, befindet sich heute in rasanter Fahrt. Die gegenüber dem Katholizismus geringere Geburtenrate im Protestantismus der Welt mindert auf Dauer seine Überlebenschancen, so scheint es auf den ersten Blick. Sieht man etwas tiefer, eröffnet die Freiheit des protestantischen Glaubens ihm immer wieder neue Möglichkeiten der Anpassung und Identitätsgewinnung.

Die katholische Kirche leidet zwar in Europa ebenfalls an geringen Geburtenraten, aber die Zahlen sind etwas besser. Als religiöses Erbe des spanischen und portugiesischen Weltreichs ist der Katholizismus bevölkerungsstatistisch dem Protestantismus international weit überlegen, zumal die geringen Bildungschancen der sozialen Grundschichten des Katholizismus in Südamerika, Afrika und Asien einen Prozess religiöser Emanzipation kaum befördern. Die römisch-katholische Kirche kämpft hierzulande mit einem viel drängenderen Problem: dem akuten Priestermangel. Virulent bleibt, da im im Prinzip ungelöst, das Problem sexueller Not, die das Zölibat für den Beruf des Priesters mit sich bringt. Sexueller Missbrauch kann nicht mehr wie früher ohne weiteres verheimlicht werden. Die Änderungsbereitschaft der katholischen Kirche ist gering. Das deuten nicht Kirchengegner, sondern Worte des Papstes Franziskus an, die diesen Zustand – gelegentlich – selbstironisch und treffend charakterisieren.

Ob der Fünfhunderjahrfeier der Reformation im Jahr 2017 im Lauf der Geschichte größere Bedeutung zukommt, als nur eine Fußnote im weiteren Schicksal der Menschheit zu bilden, ist uns nicht zu wissen gegeben. Doch die Spekulation, wie der Protestantismus zur Tausendjahrfeier am 31. Oktober 2517 aussehen wird, behält ihren Reiz.

Literatur (Besprochene Werke)

  • Delgado, Mariano & Leppin, Volker (Hrsg.) (2016): Luther: Zankapfel zwischen den Konfessionen und „Vater im Glauben“? Historische, systematische und ökumenische Zugänge. Fribourg: Academic Press; Stuttgart: W. Kohlhammer Verlag. (422 Seiten; ISBN 3-17-031527-7, 978-3-17-031527-3; 69,00 €)
  • Diez, Georg (2016): Martin Luther, mein Vater und ich. München: C. Bertelsmann 2016. (255 Seiten; ISBN 978-3-570-10264-0; 17,99 €)
  • Drewermann Eugen (2016): „Luther wollte mehr“. Der Reformator und sein Glaube. Im Gespräch mit Jürgen Hoeren. Freiburg: Herder. (320 Seiten; ISBN 978-3-451-37566-8; 19,99 €)
  • Kasper, Walter Kardinal (2016): Martin Luther. Eine ökumenische Perspektive. 2. Aufl. Patmos Verlag der Schwabenverlag AG: Ostfildern. (96 Seiten; ISBN 978-3-8436-0769-8; 8,00 €)
  • Kaufmann,Thomas (2016): Geschichte der Reformation in Deutschland. Berlin: Suhrkamp. (1038 Seiten; ISBN 978-3-518-42541-1; 28,00 €)
  • Kaufmann, Thomas (2016a): Martin Luther. 4. überarb. Aufl. München: C.H. Beck. (128 Seiten; ISBN 978-3-406-69887; 8,95 €)
  • Kaufmann, Thomas (2017): Erlöste und Verdammte. Eine Geschichte der Reformation. (3. Aufl. München: C.H. Beck. 508 Seiten, ISBN 978-3-406-69607-7; 26,95 €)
  • [Landesamt] Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt – Landesmuseum für Vorgeschichte; Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt; Stiftung Deutsches Historisches Museum; Stiftung Schloss Friedenstein Gotha; Minneapolis Institute of Art; The Morgan Library & Museum (Hrsg.) (2016): Martin Luther. Schätze der Reformation. Der Katalog [Bd. 1]. – Martin Luther. Aufbruch in eine neue Welt. Essays [Bd. 2]. Dresden: Sandstein. (Katalog u. Essayband im Schuber. [Zusammen] 1000 Seiten, 759 farbige Abb. und 18 Infografiken. 30 x 24,5 cm [Großformat]; ISBN 978-3-95498-231-8; 68,00 €)
  • Leppin, Volker (2016). Die fremde Reformation. Luthers mystische Wurzeln. München: C.H. Beck. (247 Seiten; ISBN: 978-3-406-69081-5; 19.95 €)
  • Oberman, Heiko A. (2016): Luther. Mensch zwischen Gott und Teufel. München: Pantheon Verlag. (447 Seiten; ISBN 978-3-570-55337-4; 14,99 €)
  • Preisendörfer, Bruno (2017): Als unser Deutsch erfunden wurde. Reise in die Lutherzeit. 8. Aufl. Berlin: Galiani. (472 Seiten; ISBN 3-86971-126-4; 24,99 €)
  • Reinhardt, Volker (2017): Luther, der Ketzer. Rom und die Reformation. 3. Aufl. München: C.H. Beck (352 Seiten; ISBN 978-3-406-68828-7; 24,95 €)
  • Roper, Lyndal (2016): Der Mensch Martin Luther. Die Biographie. Aus dem Englischen von Holger Fock u. Sabine Müller. Frankfurt a.M.: S. Fischer 2016. 729 Seiten; ISBN 978-3-10-066088-6; 28,00 €).
  • Schilling, Heinz (2017): Martin Luther. Rebell in einer Zeit des Umbruchs. 4. Aktualisierte Aufl. München: C.H. Beck. (Gebunden, 728 Seiten; ISBN 978-3-406-70105-4; 29,95 €)
  • Türcke, Christoph (2016): Luther – Steckbrief eines Überzeugungstäters. Springe: Zu Klampen. (118 Seiten; ISBN 9783866745438; 9,50 €).
  • Winkler, Willi (2016): Luther. Ein deutscher Rebell. Berlin: Rowohlt Berlin Verlag. (639 Seiten; ISBN 978-3-87134-723-8; 29,95 €)

Über den Autor und Rezensenten

Prof. em. Dr. Hein Retter: Technische Universität Braunschweig, Institut für Erziehungswissenschaft (Deutschland). Website: www.tu-braunschweig.de/allg-paed/personal/ehemalige/hretter. Kontakt: h.retter@tu-bs.de

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