Gailberger, Steffen / Wietzke, Frauke (Hrsg.) (2013): Handbuch kompetenzorientierter Deutschunterricht. Weinheim und Basel: Beltz Verlag. (495 Seiten. ISBN: 978-3-407-29306-0)
Das „Handbuch kompetenzorientierter Deutschunterricht“ konzentriert sich auf den heutzutage viel diskutierten Kompetenzbegriff. Grundidee des Buches ist die Analyse der Kompetenzen durch die Vorstellung von Mitteln der Kompetenzmessung auf der Grundlage ausgewählter Forschungsarbeiten. Die Herausgeber sind Steffen Gailberger, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Leuphanie Universität Lüneburg und Vertretungsprofessor für Didaktik der deutschen Literatur unter Einschluss der Mediendidaktik an der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg sowie Frauke Wietzke, schulübergreifende Landesfachberaterin für Deutsch am Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen in Schleswig-Holstein.
Den zwei Einführungsaufsätzen folgen vier Kapitel: „Lesen/Literarisches Verstehen“, „Schreiben“, „Sprachbewusstheit und Deutsch als Zweitsprache“ und „Sprechen und Zuhören“. In jedem Kapitel gibt es fünf Aufsätze. Im ersten Einführungsaufsatz definieren Gailberger und Wietzke den Kompetenzbegriff und schreiben u.a., dass die Kompetenzen „sowohl der Orientierung für den Kompetenzerwerb als auch für dessen interne und externe Überprüfung im Unterricht und darüber hinaus (dienen)“ (S. 8).
Die Aufsätze der einzelnen Autoren haben jeweils drei Teile, es geht um Kompetenz, die Kompetenzdiagnostik und die Kompetenzförderung, und alle werden mit dem Deutschunterricht in der Primarstufe, Sekundarstufe I beziehungsweise Sekundarstufe II verbunden. Die Autoren behandeln Themen, die bei der Förderung sprachlicher Kompetenzen von SchülerInnen und Jugendlichen sehr wichtig sind: Wortschatz, Sprechen, Zuhören, Lesen und Schreiben. Es geht um individuellen und kollektiven Wortschatz sowie um mentales Lexikon.
Das erste große Kapitel des Bandes beginnt mit dem Beitrag von Steinhoff über „Lesen/Literarisches Verstehen“. Dargestellt werden die Bedeutung und Entwicklung der Lesekompetenz in der Grund- und Sekundarstufe. Beschrieben werden verschiedene Methoden der Kompetenzerforschung und -beurteilung, zum Beispiel die Anwendung von Lesetagebüchern oder die narrative Untersuchung literarischer Texte.
Das zweite Kapitel handelt vom Schreiben. Der Grund für ein eigenes Kapitel über das Thema ist, dass die Rechtschreibung ein relativ unflexibler Gegenstand der Deutschdidaktik ist. Die Rechtschreibkompetenz ist ein heikler Punkt in der Schule, deren Fehlen streng sanktioniert wird. Die Verfasser befassen sich mit der Diagnostizierbarkeit und Förderbarkeit von Schreibkompetenzen auch in der Sekundarstufe.
Das dritte Kapitel des Bandes trägt den Titel „Sprachbewusstheit und Deutsch als Zweitsprache“. Der Begriff „Sprachbewusstheit“ stammt aus der muttersprachlichen Deutschdidaktik der 1980er Jahre, der in den letzten 10 Jahren an Bedeutung gewann. Die Sprachbewusstheit ist ein Kompetenzbereich des Faches Deutsch, dessen verschiedene Aspekte auf Grundlage von Kompetenzdimensionen im Deutschunterricht integriert werden können. Nach Wildemann ist die Sprachbewusstheit auf metakommunikative sowie metasprachliche Äußerungen rückführbar (S. 321). Dazu braucht man einen sprachförderlichen Deutschunterricht sowie die Wahrnehmung der sprachlichen Leistungen der Schüler/innen. Laut Statistischem Bundesamt hatten im Jahr 2011 31,7 % der 5- bis 10-jährigen Kinder und 34,4 % der unter 5-jährigen einen Migrationshintergrund (S. 339). Diese Tendenz ist steigend, deshalb ist es sehr wichtig, sich mit der Unterrichtssprache und mit Deutsch als Zweitsprache zu beschäftigen.
Das letzte Kapitel trägt den Titel „Sprechen und Zuhören“. Wichtigste Aufgabe für die Kinder ist es, die verschiedenen Arten der Sprache zu erlernen und die Leseflüssigkeit, das Lautleseverfahren sowie die auditive Sprachwahrnehmung zu entwickeln. Wenn die Kinder diese Fähigkeiten schon erworben haben, ist es wichtig, in der Sekundarstufe I und II auch die Präsentationskompetenzen – Lautstärke, Betonung, Sprechtempo, Klangfarbe, Stimmführung, Körpersprache – zu entwickeln. Der Prozess des mündlichen Sprachgebrauchs beginnt schon vor der Schule, wird in der Schule entwickelt und dauert – wie die vorgestellten Studien zeigten – auch nach dem Schulabschluss weiter an. Die gesprächsdidaktischen Erläuterungen gehören zum Deutschunterricht in der Grundschule sowie in der Sekundarstufe I. In diesen Stunden wird nicht nur das Sprechen, sondern auch das Zuhören entwickelt.
Die vier Kapitel des Bandes stellen also die vier Kompetenzen – Lesen, Schreiben, Sprechen, Hören – sowie die Sprachbewusstheit und Deutsch als Zweitsprache in den Fokus der Betrachtung. Die letztgenannten zwei Themen gehören auch zu den Kompetenzen, und sie sind in einem eigenständigen Kapitel dargestellt. Die Kompetenzen Sprechen und Zuhören werden ebenfalls in einem Kapitel zusammengefasst.
Alle Aufsätze haben einen vergleichbaren Aufbau, die Struktur hilft bei der Orientierung, was das Lesen und die Arbeit mit dem Buch erleichtert. Gleichwohl stellen die informationsreichen Kapitel hohe Anforderungen an den Leser.
Der von Gailberger und Wietzke herausgegebene Band spricht mehrere aktuelle Aspekte der gewählten Themen an. Der Band reflektiert immer auch die in den letzten Jahren veröffentlichten nationalen und internationalen Forschungen und ihre Ergebnisse. Nicht zuletzt finden sich viele praktische Beispiele. In den Beiträgen werden die wichtigsten Kompetenzbereiche des Sprachgebrauchs aufgezeigt, so dass dieses Buch als Lektüre für alle empfohlen werden kann, die sich für die empirischen sowie praktischen Richtungen der verschiedenen Kompetenzbereiche interessieren.
Rezensiert von Krisztina Sebestyén, PhD-Promovendin an der Universität Debrecen, Ungarn. Kontakt: kriszti.se@gmail.com